Samstag, 7. März 2020
Die beiden Schiboleths der Union.
aus Tagesspiegel.de, 6. 3. 2020
... All dies Angela Merkel anzulasten, mag in neurechten Kreisen oder auch für Friedrich Merz plausibel scheinen, verkennt aber eben die strukturellen Faktoren.
Einer dieser Faktoren besteht im zunehmenden Verlust mobilisierungsträchtiger und identitätsstiftender Feindbilder, deren wichtigstes für die Union der real existierende Sozialismus war. Er wirkte als einende Klammer, die die lose Sammlungsbewegung rechts der Mitte zusammenhielt. Auch wenn die eigenen Positionen selten ganz klar und intern umstritten waren – solange man gegen Kommunismus, Grüne und Linksterrorismus sein und dazu auch noch regieren konnte, war die Welt der CDU in Ordnung. Wie sehr der Verlust dieser Schreckgespenste schmerzt, zeigt sich nicht zuletzt an der strategisch ausweglosen Situation, in die der Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundes-CDU gegenüber der Linken die Landesverbände im Osten und besonders in Thüringen gebracht hat. Es mag durchaus gute Gründe geben, die Zusammenarbeit mit der Linken abzulehnen. Aber die Vehemenz, mit der an dieser politischen Fußfessel festgehalten wird, zeigt, wie stark die Partei die Abgrenzung zum Ersatz-Feindbild „SED-Nachfolgepartei“ zu brauchen glaubt. Man stabilisiert die brüchig gewordene CDU-Identität mit einem nur begrenzt wirksamen Gegnersurrogat – und nimmt in Kauf, die ohnehin blasse Christdemokratie de facto aller strategischen Optionen im Osten zu berauben.
Ähnlich nachdrücklich tritt die CDU selten auf. Von daher ist es auch kein Zufall, dass die andere Position, an der geradezu verbohrt festgehalten wird, die Schwarze Null ist. In einer Werbeinitiative der PR-Strategen des Konrad-Adenauer Hauses wird sie schon selbstironisch als Fetisch bezeichnet. Es bedarf also zusätzlich nur noch einer kleinen Prise Sarkasmus, um zu der Einschätzung zu gelangen, dass dies heute die Formel ist, auf die die Partei Adenauers zusammengeschrumpft ist: Gegen die Linkspartei und für die Schwarze Null! Und wenn man die Interviews des dritten Bewerbers Norbert Röttgen liest, gewinnt man den Eindruck, dass diese ernüch- ternde Beurteilung der programmatischen Leerstellen und strategischen Zwangsjacken auch innerhalb der CDU vertreten wird. ...
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen