aus welt.de, 6. 9. 2020 Bei einer Verschränkung sind zwei Lichtteilchen in einem gleichen quantenphysikalischen Zustand
Britische Forscher haben in Bristol ein abhörsicheres Quantenkommunikationsnetzwerk für acht Teilnehmer aufgebaut. Es handele sich um das bislang größte Quantennetzwerk ohne Relaisstationen, betont das Fachblatt „Science Advances“, in dem das Team um Siddarth Joshi von der Universität Bristol seine Arbeit vorstellt. Die Wissenschaftler konnten dabei die Architektur des Netzwerks drastisch vereinfachen, wodurch eine praktische Anwendung in greifbare Nähe rücke. „Unsere Lösung ist skalierbar, vergleichsweise günstig und vor allem unangreifbar“, erläutert Joshi in einer Mitteilung seiner Universität.
Die abhörsichere Quantenkommunikation beruht auf dem Phänomen der Verschränkung. Dazu werden jeweils zwei Lichtteilchen (Photonen) so miteinander in Verbindung gebracht, dass sie einen gemeinsamen quantenphysikalischen Zustand bilden. In diesem verschränkten Zustand lassen sich die beiden Lichtteilchen räumlich trennen, ohne dass der gemeinsame Zustand zerstört wird. Erst wenn eines der Lichtteilchen manipuliert wird, beispielsweise beim Absender, nimmt es einen eigenen Zustand an. Im selben Moment nimmt das entfernte Lichtteilchen, beispielsweise beim Empfänger, einen korrespondierenden Zustand an. Albert Einstein nannte dies „spukhafte Fernwirkung“.
Sobald ein Lauscher das Netzwerk abhört, würde er sofort bemerkt, weil er den verschränkten Zustand aufhebt, der sich dann nicht wieder herstellen lässt. Diese Technik ist bereits mehrfach und auch über sehr große Distanzen eingesetzt worden, unter anderem für die Kommunikation zwischen Bankenzentren in China und bei Wahlen in der Schweiz. Allerdings lassen sich damit nur jeweils zwei Stationen verbinden. Jede neue Verbindung benötigt mit der herkömmlichen Technik eine eigene Installation. Damit steigen Aufwand und Kosten in der Praxis rasant an. Relaisstationen zur Einbindung mehrerer Teilnehmer stellen dabei ein Sicherheitsrisiko dar.
Das Team aus Bristol hat nun eine andere Lösung gefunden, mit der jeder Teilnehmer nur einen einzigen Empfänger benötigt, um sich direkt mit mehreren anderen Teilnehmern zu verbinden. Die Forscher setzen dazu Lichtteilchen verschiedener Farbe gleichzeitig ein. Mit diesem sogenannten Multiplexing konnten sie sieben verschränkte Photonenpaare gleichzeitig herstellen und vom Sender je nach Farbe an sieben Empfänger verteilen. Für einen Praxistest nutzten die Wissenschaftler das existierende Glasfasernetz rund um die Universität Bristol und in den angrenzenden Stadtteilen. So konnten sie zeigen, dass die Technik unter Praxisbedingungen über bis zu 17 Kilometer Entfernung funktioniert – ausreichend für ein abhörsicheres Stadtnetzwerk.
„Bislang hat die Installation eines Quantennetzwerks enorme Kosten, Ressourcen und Zeit verschlungen und dabei oft die eigene Sicherheit beeinträchtigt, was den eigentlichen Zweck zunichtemacht“, erläutert der Forscher. Das könne die Multiplex-Technik ändern. „Dies stellt einen massiven Durchbruch dar und macht das Quanten-Internet zu einem viel realistischeren Vorhaben.“
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