aus welt.de, 8. 4. 2021
Vorstoß von Röttgen
52 Unions-Abgeordnete für Änderung des Infektionsschutzgesetzes
Der Vorstoß, das Infektionsschutzgesetz zu ändern und dem Bund mehr
Kompe-tenzen im Kampf gegen Corona zu geben, wird von 52
Unionsabgeordneten un-tersützt. Die Initiative ging von einer Gruppe um
den CDU-Politiker Norbert Röttgen aus.
Die Initiative zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die dem Bund mehr Einfluss im Pandemie-Krisenmanagement geben soll und von einer Gruppe um den CDU-Politiker Norbert Röttgen auf den Weg gebracht wurde, wird von 52 Unionsabgeordneten unterstützt. Wie Röttgen WELT sagte, wurde ein Schreiben mit den 52 Unterschriften an Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (CSU) versandt.
Insgesamt hatte sich die Gruppe um Röttgen an rund 100 Abgeordnete gewandt, die gesamte Fraktion wurde nicht angeschrieben. 48 Abgeordnete haben sich demnach nicht zurückge-meldet. Dezidierte Ablehnung des Vorschlags kam von einem Parlamentarier, ein weiterer zeigte sich „eher ablehnend“.
Zuvor hatte bereits der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jan-Marco Luczak (CDU), sich für eine Änderung des Gesetzes ausgesprochen.
„Der Bundestag hat das Infektionsschutzgesetz zuletzt mehrfach geändert, um den Ländern eine effektive und zielgenaue Bekämpfung von Corona zu ermöglichen“, sagte Luczak WELT. „Insbesondere die letzten Wochen haben aber gezeigt, dass manche Länder entweder nicht willens waren oder nicht die politische Kraft aufgebracht haben, ihren breiten Handlungs-spielraum für die zur Eindämmung des Virus notwendigen Maßnahmen auch wirklich zu nutzen.“
Die Ministerpräsidentenkonferenzen hätten es „zunehmend weniger vermocht, eine koordi-nierende Funktion einzunehmen und bundesweit abgestimmte und in sich stimmige Maß-nahmen zu beschließen“, sagte Luczak weiter. „Das hat Vertrauen und Glaubwürdigkeit gekostet und schwächt die Akzeptanz der Maßnahmen.“ Dadurch sei die Eindämmung des Virus gefährdet.
Luczak plädierte dafür, das Infektionsschutzgesetz daher anzupassen und zu ermöglichen, „dass auch die Bundesregierung zum Erlass von Corona-Rechtsverordnungen ermächtigt wird“. Eine „bundeseinheitliche, zielgenaue Reaktion auf das Infektionsgeschehen“ mache die Maßnahmen nachvollziehbarer und erhöhe deren Akzeptanz.
Als erster Ministerpräsident erklärte sich Daniel Günther (CDU) aus Schleswig-Holstein be-reit, eine Reform zu unterstützen. „Ich bin für verbindlichere Regelungen auch im Infek-tionsschutzgesetz für Regionen mit einer ansteigenden Inzidenz über 100 offen“, sagte Günther auf Anfrage. „Allerdings sollten wir in diesem Gesetz das Problem bei der Wurzel packen und uns auf die wirklich wirksamen Lösungen zur Eindämmung der Pandemie kon-zentrieren, nicht auf die Bereiche, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen kaum Effekte auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens haben, wie zum Beispiel der Einzelhandel oder Aktivitäten im Außenbereich.“
Thüringens Landeschef Bodo Ramelow (Linke) sprach sich gegen bundeseinheitliche Rege-lungen aus. Er sagte dem RND-Mediennetzwerk dazu: „Man kann auf dem derzeitigen In-fektionsschutzgesetz so einen Stufen- und Rahmenplan aufbauen. Dazu muss man den langen Weg der Gesetzesänderung und Bundesratsbeteiligung gar nicht gehen.“ Wenn man handeln wolle, wäre dies seit Februar möglich und seit März überfällig. Das Kanzleramt solle eine Vor-lage präsentieren.
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hält es für falsch, die Eindämmung der Corona-Pandemie durch ein neues Infektionsschutzgesetz in die Hand des Bundes zu legen. Ein neues Gesetz löse „nicht das jetzt akute Problem, dass wir schnell die dritte Welle brechen müssen“, sagte DStGB-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Neuen Osna-brücker Zeitung“. Mehr Bundesbefugnisse für klare und einheitliche Vorgaben seien zwar „wünschenswert“, aber nicht schnell umsetzbar.
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Be-kämpfung der Corona-Pandemie eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes anstrebt. Ziel sei es, die Corona-Maßnahmen bundesweit zu vereinheitlichen, berichtete die „Bild“ am Mittwoch unter Berufung auf Regierungskreise. Demnach sollen Landkreise bei erhöhten Inzidenz- und R-Werten sowie unter Berücksichtigung anderer Faktoren dazu verpflichtet werden, ihre Maßnahmen zu verschärfen.
Einer der Initiatoren des Vorstoßes, CDU-Präsidiumsmitglied Röttgen, sagte zu „Bild“: „Es geht nicht darum, die Länder zu schwächen. Es geht darum, dass der Bund überhaupt handeln kann.“ Bislang hätten sich rund zwei Dutzend Abgeordnete hinter die Initiative gestellt. Es seien aber nicht alle Unionsabgeordneten angeschrieben worden.
In einer E-Mail, die Röttgen nach WELT-Informationen gemeinsam mit den Bundestagsab-geordneten Johann Wadephul (CDU) und Yvonne Magwas (CDU) an mehrere Mitglieder der Fraktion schickte, heißt es: „Bundestag und Bundesrat haben mehrfach festgestellt, dass die weltweite Covid-19-Pandemie für Deutschland eine ‚epidemische Lage von nationaler Trag-weite bedeutet‘.“ Entsprechend seien nationale Gesetze angepasst worden, vor allem das Infektionsschutzgesetz. Die Entscheidungen, von den dort verankerten Instrumenten Ge-brauch zu machen, liege aber bei den Ländern. Zuletzt sei eine Einigung auf gemeinsames Handeln nicht mehr möglich gewesen.
„Dadurch wurde die Schwäche des Infektionsschutzgesetzes sichtbar, die darin besteht, dass dieses Gesetz nur die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt, mit denen die Ziele des Gesetzes erfüllt werden sollen, nicht aber die Bundesregierung“, heißt es in der Mail weiter. „Der Bundestag muss diese Lücke im Infektionsschutzgesetz zügig schließen.“ Es sei „eine Frage unserer Verantwortung als Bundesgesetzgeber, dem Bund (zusätzlich) dieselben Handlungsmöglichkeiten zu geben wie den Ländern, nämlich durch Rechtsverordnung die Durchsetzung der nationalen Ziele des Infektionsschutzgesetzes zu gewährleisten“. Nach WELT-Informationen wurden die angeschriebenen Abgeordneten gebeten, sich bis Donnerstagmittag der Initiative anzuschießen. Man wolle die Koalitions-fraktionen auffordern, baldmöglichst einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen.
Die Diskussion darüber, ob mehr Entscheidungskompetenzen in der Corona-Politik auf die Bundesebene verlagert werden sollen, schwelt bereits seit Ende März. Merkel hatte in der ARD-Sendung „Anne Will“ gesagt, die Länder müssten bei der Pandemiebekämpfung „nach-legen“. Sie kritisierte Lockerungsschritte und stellte zugleich in den Raum, dass der Bund über eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes selbst die Initiative ergreifen könnte.
Ein Regierungssprecher hatte am Wochenende erklärt, es werde überlegt, „ob und wie der Bund einheitliche Vorgaben machen soll, falls das Vorgehen der Länder nicht ausreicht“.
Nota. - Mein Gott, wenn wir in Deutschland unsern Föderalismus nicht hätten...!
Wer von denen, die so denken, derzeit politische Verantwortung trägt, muss sagen, was er getan hat, damit der sich in diesen Tagen bewährt. Wenn er da in Verlegenheit gerät, mag er darüber nachdenken, was er zu seiner Wiederherstellung beitragen wird, wenn's an der Zeit ist.
JE
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