aus FAZ.NET, 3. 4. 2021
Die Ökonomik oder die Volkwirtschaftslehre, wie sie im deutschsprachigen Raum, genannt wird, ist nicht erst seit der Finanzkrise 2008 immer wieder Gegenstand der Kritik. Hier ist zunächst zu fragen von wem und dann mit welchen Argumenten. Da ist die mehr oder weniger gut informierte Öffentlichkeit zu nennen, dann die wirtschaftspolitischen Institutionen (zum Beispiel Zentralbanken, Ministerien), natürlich die Studierenden des Fachs und nicht zuletzt die Kritik im inneren Kreis der wissenschaftlich aktiven Ökonominnen und Ökonomen. Natürlich findet beständig Forschung an den verschiedensten Fragestellungen und ein interner Diskurs darüber statt. Manche der Forschungen sind auf aktuelle Fragen der Wirtschaftspolitik ausgerichtet, andere arbeiten eher an den Grundlagen des Fachs. Letztere dringen selten an die Öffentlichkeit. Und immer gibt es auch Reflektion über das eigene Fach, seine Errungenschaften und seine Fehlleistungen.
Die Öffentlichkeit hat oft genug ein sehr vereinfachtes Bild von der „Wirtschaft“ und assoziiert damit die Welt der Unternehmen und das dort stattfindende Geschäftsleben. Genau damit beschäftigt sich die Volkswirtschaftslehre vornehmlich nicht, dieses Feld beackert die Nachbardisziplin Betriebswirtschaftslehre. Die Volkswirtschaftslehre behandelt das Zusammenspiel der verschiedenen wirtschaftlichen Akteure, also der Unternehmen, der Haushalte, des Staates und der Zentralbanken, und untersucht, wie deren Handeln untereinander koordiniert wird – wie also Märkte, Auktionen, Institutionen oder auch Planungsbehörden diese Koordination meistern. Im Fachjargon heißt dies Mikroökonomik.
Volkswirtschaftslehre als Ideologie
Die Makroökonomik hingegen untersucht, wie gesamtwirtschaftliche Prozesse ablaufen, zum Beispiel wie man Wachstum des Bruttoinlandsproduktes misst und aus welchen Gründen es wächst oder schrumpft. Wie man Inflation misst, wodurch sie entsteht und welche Auswirkungen sie auf die verschiedenen Akteure hat. Vielfach wird das Fach durch die wirtschaftspolitische Brille betrachtet, wodurch die politischen Wunschvorstellungen des Brillenträgers einfließen. Und umgehend wird in der öffentlichen Diskussion aus dem Verdacht subjektive Gewissheit, die Volkswirtschaftslehre sei keine Wissenschaft, sondern eine Ideologie oder gar, wie Kurt Tucholsky polemisierte, die Metaphysik des Pokerspielers.
Besonders im Oktober jedes Jahres, wenn der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis verliehen wird, kommen Spott und Häme auf. Auch die Prognoseleistungen werden gerne süffisant kommentiert, wenn die Inflations- oder Wachstumsprognosen nicht punktgenau eintreten. Unbekannt und daher unkommentiert bleiben hingegen die zahlreichen erfolgreichen Prognoseleistungen, die in den wirtschaftspolitischen Institutionen wie den Zentralbanken, den Ministerien, der Bundesanstalt für Arbeit, den Kartellämtern oder bei den Steuerschätzungen erbracht werden und die das vorausschauende Handeln all dieser Institutionen erst ermöglichen.
Auch den Studierenden wird meistens eine Momentaufnahme des Fachs präsentiert. Verborgen bleiben ihnen die langfristigen Tendenzen, wie sich die Methoden und Theorien entwickelt haben. Die Ökonomik hat sich in den vergangenen 50 Jahren stark verändert, und zwar von einer theorie- und modellbasierten zu einer empirisch-quantitativen Disziplin, in der neben der Mathematik vor allem die statistischen Methoden eine große Verbreitung und Verwendung gefunden haben – nicht unbedingt zur Freude und Begeisterung auf der studentischen Seite.
Kritik an der Mathematisierung
Mit der zunehmenden Theorieorientierung in den 1960er und 1970er Jahren nahm die Mathematisierung zu, und sie hat weiter zugenommen, weil im Zuge der empirisch-quantitativen Wandlung des Fachs seit den 1980er Jahren die ökonometrischen Verfahren und die quantitativen Simulationsmodelle dies unumgänglich machten. Das hat erheblichen Einfluss auf die universitäre Lehre, und die Mathematisierung ist einer der Kritikpunkte, die von studentischer Seite oft vorgebracht werden. Leider wirkt sich das auf die Wahl des Studienfachs aus. Von 100 Studierenden der Wirtschaftswissenschaften wählen heute in Deutschland nur acht ein Studium der Volkswirtschaftslehre. Die Mehrheit studiert Betriebswirtschaftslehre oder Kombinationsfächer wie Wirtschaftsingenieurwesen oder Wirtschaftsinformatik, welche auch an Fachhochschulen angeboten werden.
Diese Entwicklung hin zu einer quantitativen und empirischen Disziplin ist nicht der individuelle Eindruck des Autors, sondern Ergebnis von Forschungen. Sie werden in Fachgesellschaften wie zum Beispiel der History of Economics Society in den Vereinigten Staaten oder der European Society for the History of Economic Thought durchgeführt. Man spricht in der internationalen Literatur von einem „empirical and applied turn in economics“. Belegt wird das durch umfangreiche Untersuchungen über die Forschungsbeiträge der vergangenen Jahrzehnte in den Top-5-Zeitschriften der Volkswirtschaftslehre (American Economic Review, Econometrica, Journal of Political Economy, Quarterly Journal of Economics, Review of Economic Studies).
Hier zeigt sich, dass in allen Teilgebieten des Fachs der Anteil der empirischen und ökonometrischen Beiträge zugenommen hat. Sie liegen in Teilgebieten über 80 Prozent, in keinem unter 50 Prozent. Diese Veränderung wurde einerseits durch das Wachstum der zugänglichen Daten als auch durch die höheren Rechnerleistungen getrieben. Aber auch die Nachfrage nach wissenschaftlicher Bewertung wirtschaftspolitischer Instrumente hat zu dieser Entwicklung beigetragen. Innerwissenschaftliche Motive, wie das Testen von aus Theorien abgeleiteten Hypothesen, sind eher in den Hintergrund getreten, weil die Darstellung unterschiedlicher, zum Teil konkurrierender Theorien gegenwärtig nicht mehr im Vordergrund von Forschung und Lehre steht.
Der „empirical turn“ hat nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre deutliche Auswirkungen. Empirische Forschungsmethoden werden verstärkt gelehrt, daher mussten andere Inhalte reduziert oder ganz gestrichen werden. Weggefallen sind meistens die Wirtschaftsgeschichte und die Geschichte der ökonomischen Theorien als Lehrgebiete, in denen eher Reflexions- und Orientierungswissen entsteht und gelehrt wird. Die Diskussion der „großen Fragen“, etwa warum die industrielle Revolution in England und nicht in China passierte, warum sich Nord- und Südamerika ökonomisch so unterschiedlich entwickelt haben oder ob Marktwirtschaften inhärent stabil oder instabil sind, treten eher in den Hintergrund und werden anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen überlassen, obwohl die großen Narrative von Wirtschaft und Gesellschaft gerade von Ökonomen wie Adam Smith, Karl Marx, Josef Schumpeter, Max Weber oder John Maynard Keynes geprägt wurden.
Eine solche Entwicklung hin zu mehr Empirie und Anwendung hat wie so oft mindestens zwei Seiten. Der Nutzen schlägt sich in der Möglichkeit nieder, leistungsfähigere Prognoseverfahren zu entwickeln und wirtschaftspolitische Instrumente und Maßnahmen besser bewerten zu können. Der Verein für Socialpolitik, die Vereinigung deutschsprachiger akademischer Ökonominnen und Ökonomen, hat sich 2014 zu einer „evidenzbasierten Wirtschaftspolitik“ bekannt. Hierbei sollen die wirtschaftspolitischen Maßnahmen des Staates evaluiert werden, wozu die quantitativen Methoden benötigt werden. Dem Nutzen stehen die Kosten dieser Entwicklung entgegen. Sie liegen in einem Rückgang des Orientierungswissens und leider auch in einer Ausdünnung der Theoriekenntnisse der Studierenden, die nur noch von ihrer wirtschaftshistorischen Unbeflecktheit übertroffen wird.
Empirie auf dünnem Eis
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass der einst von Hans Albert erhobene Vorwurf, die Ökonomik sei reiner Modellplatonismus, schon lange nicht mehr zutrifft. Haben wir also die beste Volkswirtschaftslehre aller Zeiten? Bevor man diesem Traum verfällt, sollte man sich vor Augen führen, dass seit einiger Zeit ein kruder Empirismus auf dem Vormarsch ist. Denn wie Joshua Angrist und Coautoren im „American Economic Review“ 2017 zeigen, nimmt die Zahl rein empirischer Publikationen zu, also solcher ohne Bezug zur ökonomischen Theorie.
Hier sollte man an David Hume (Induktionsproblem) und Karl Popper erinnern, denn in den Realwissenschaften können auf induktivem Wege keine Wahrheitsbeweise geführt werden. Es bleibt nur die Falsifikation durch das empirische Testen von Hypothesen. Die Verifikation durch weitere empirische Beispiele ist nicht möglich. Eine empirische Untersuchung ohne Bezug zu einer aus der ökonomischen Theorie gewonnenen Hypothese ist bestenfalls Data Mining, mit dem Ziel, eine überprüfbare Hypothese zu generieren, aber im schlimmsten Fall ist es Datenhuberei oder gar Fiktion, wie es Jörg Peters in einem Artikel in der F.A.Z. Anfang Februar bezeichnet hat.
Oft werden mit Hilfe einer Regressionsanalyse Sachverhalte „entdeckt“, die der gesunde Menschenverstand seit Jahren kennt, etwa dass Pflanzen im Büro die Arbeitsproduktivität erhöhen. Durch die empirische Analyse glaubt man aber mehr zu wissen, und zwar, dass man sie genau um 15 Prozent erhöhen kann. Was soll man von dieser Erkenntnis halten, wenn genau dieses Ergebnis bei einem Replikationsversuch nicht wiederholt werden kann? Metastudien zur Replizierbarkeit rein empirischer Untersuchungen in der Ökonomik kommen zu ernüchternden Ergebnissen. In einer Untersuchung von McCullough, McGeary und Harrison aus 2006 wurde versucht, 62 Ergebnisse aus Artikeln des „Journal of Money, Credit and Banking“ zu wiederholen. Nur in 14 Fällen gelang das. Fast 77 Prozent waren nicht wiederholbar. In älteren Untersuchungen war die Replikationsrate noch schlechter, sie lag im einstelligen Bereich.
Aber nicht nur in der Volkswirtschaftslehre, sondern auch in der Psychologie und sogar in einigen Naturwissenschaften liegen die Zahlen für erfolgreiche Replikationen meistens deutlich unter 50 Prozent. Man spricht wissenschaftsintern von einer „Replikationskrise“. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert daher Replikationsstudien, weil es im Wissenschaftsbetrieb dafür keinen Anreiz gibt. Früher war es in den wissenschaftlichen Journalen üblich, Gegenpositionen in Form von Kommentaren zu veröffentlichen. Das ist schon seit zwei Jahrzehnten nur sehr selten der Fall. Man dachte wohl, ein strenger doppelt blinder Referee-Prozess mache Debatten unnötig, da nur robuste Erkenntnisse den Referee-Prozess überstünden.
Das scheint nach neueren Veröffentlichungen nicht der Fall zu sein. Frank Mueller-Langera, Benedikt Fecher, Dietmar Harhoff, und Gert G. Wagner zeigen in ihrer jüngsten Untersuchung (Research Policy 48), dass gerade die Veröffentlichungen in den Top-5-Zeitschriften weniger oft repliziert werden, obwohl dort die vermeintlich originellen, innovativen Artikel publiziert werden, deren Bestätigung sich unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten lohnen würde. Sollte sich künftig zeigen, dass die positiven Replikationsraten nicht deutlich über 50 Prozent ansteigen, muss die gesamte Forschungsstrategie überprüft werden, weil die empirisch generierten Forschungsergebnisse im Grunde kein belastbares Wissen darstellen. Sie wäre dann wissenschaftlich nicht wesentlich wertvoller als anekdotische Evidenz. Vor allem müssten die Ursachen für die mangelnde Reproduzierbarkeit identifiziert werden, um eine tragfähige Forschungsstrategie entwickeln zu können. Dass empirische Forschung unabdingbar ist, steht nicht zur Debatte.
Amerikas Curriculum als Vorbild
Zum Schluss möchte ich den Blick auf das Studium der Volkswirtschaftslehre in Deutschland werfen. Seit vor gut zehn Jahren der „neue Methodenstreit“ ausbrach, haben sich Forschung und Lehre erheblich gewandelt. Von dem einstmals typisch deutschen Fach Wirtschaftspolitik, mit der Unterteilung in Ordnungspolitik und Prozesspolitik, zu dem es zahlreiche Lehrbücher gab, hat man sich inzwischen weitgehend verabschiedet. Stattdessen hat sich tendenziell der amerikanische Dreiklang aus Mikroökonomie, Makroökonomie, Ökonometrie, ergänzt um wählbare Spezialisierungsfächer, durchgesetzt. Wenn man der Ansicht ist, dass das amerikanische Curriculum das Vorbild sein sollte, dann ist das Ziel einer international wettbewerbsfähigen Ausbildung erreicht. Könnte man etwas verbessern?
Als Antwort auf die Kritik, die international von Studierenden der Volkswirtschaftslehre am Curriculum vorgebracht wurde, haben wir an der Graduate School of Economics, Management and Finance (gebildet durch die drei Rhein-Main-Universitäten aus Darmstadt, Frankfurt und Mainz) ein Curriculum entwickelt, in dem neben der ökonomischen Theorie und den empirischen Forschungsmethoden auch die wirtschaftshistorischen und theoriegeschichtlichen Grundlagen der Ökonomik vermittelt werden. Zusammen ermöglicht dies, wie ein Student formulierte, eine „Zusammenschau der Inhalte, die man in anderen Modulen gelernt hat“, zu geben.
Die Studierenden bewerten diese Fächer sehr positiv, weil ihnen der Hintergrund der Fachentwicklung einerseits und die großen wirtschaftshistorischen Entwicklungslinien andererseits vorgestellt werden. Gerade die neueren wirtschaftsgeschichtlichen Forschungsergebnisse, von denen viele in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten entstanden sind, haben auch hinsichtlich der Auslösung von Finanz- und Wirtschaftskrisen zu neuen und tieferen Erkenntnissen geführt. Auf beiden Feldern hat man in Deutschland Nachholbedarf.
Man lernt aus der Vergangenheit
Der Satz, dass jede neue Generation auf den Schultern der vorherigen steht, erhält gerade durch einen Einblick in die Ideengeschichte des Fachs erst Substanz. Zudem ist ordentliche theoriegeschichtliche Bildung ein guter Schutz gegen das Vergessen von Theorien sowie vermeintliche Neuentdeckungen längst bekannter Weisheiten. Es ist nämlich in der Volkswirtschaftslehre keinesfalls so, dass Theorien endgültig eliminiert werden können.
Die Quantitätstheorie des Geldes ist ein Beispiel. Sie dominierte den Lehrkanon bis in die 1920er Jahre, wurde verdrängt durch die Keynes’sche Liquiditätstheorie. In den 1970er Jahren reaktivierte sie Milton Friedman, worauf sie für mindestens ein Jahrzehnt die Zentralbankpolitik vieler Länder, unter anderem der Bundesbank, bestimmte. Auch die EZB hielt unter dem Stichwort „Zwei-Säulen-Strategie“ Erinnerungen daran wach, bevor diese nun auch völlig verblasst sind.
Das Risiko, über eine datengetriebene empirische Forschungsstrategie großartige Rechenkünstler, auszubilden, ist nicht klein. Friedrich August von Hayek warnte, dass der Ökonom, der nur Ökonom sei, leicht zum Ärgernis, wenn nicht gar zu einer regelrechten Gefahr werden könne. Sein wirtschaftstheoretischer Gegenpol Keynes charakterisierte den guten Ökonomen wie folgt: „Der Meisterökonom muss eine seltene Kombination von Eigenschaften besitzen. Er muss Symbole verstehen und in Worten sprechen. Er muss das Besondere in Bezug zum Allgemeinen betrachten und Abstraktes und Konkretes im gleichen Gedankengang berühren. Er muss die Gegenwart im Lichte der Vergangenheit für die Zwecke der Zukunft untersuchen.“ Was ist daran falsch, dass wir dieses Leitbild nicht auch im 21. Jahrhundert verfolgen sollten?
Volker Caspari (67) ist Seniorprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Goethe-Universität in seiner Heimatstadt Frankfurt. Dort hat er einst auch seine ökonomischen Sporen erworben. Von 1995 bis 2019 war er dann Professor für Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftstheorie an der TU Darmstadt. Im Verein für Socialpolitik engagiert er sich als Mitglied im Ausschuss für Geschichte der Wirtschaftswissenschaften.
Nota. - Wenn sie Wissenschaft sein will, muss sie wesentlich kritisch sein. Kritisch sein ist: nach Gründen fragen. Ihre Entstehung verdankt dieses akademische Fach der Frage nach der Ursache für den Wohlstand der Völker.
Den Grund mag man für einen historisch-faktischen halten - 'Ursache'. Das verschiebt das Problem aber nur. Welche der mannigfaltigen Fakten, die der historische Forscher auffindet, 'begründen' jene andern Fakten, und nicht umgekehrt? Das müsste man begründen, und im Regress durch die Fakten wird man am Schluss - den man seinerseits gar nicht 'finden' kann, sondern setzen muss - zu qualitativen Bestimmungen greifen müssen: 'Dies wollen wir als Grund annehmen.' Ein wertender Grund ist zugleich Zweck. Die Wissenschaft, die unter diesen Voraussetzungen die Begegnung mit der historischen Realität wagt, riskiert, zirkulär zu verfahren - apologetisch, wie die Kritiker es nennen werden.
Der Zweck-Grund darf also nur problematisch postuliert werden - indem er im Verfahren selbst immer wieder neu geprüft wird.
Summa summarum - eine Volkswirtschaftslehre, die auf einen zugrunde liegenden syste-matischen Rahmen, an dem sie gemessen werden kann, verzichtet und lediglich empirisch - "ökonometrisch" - verfährt, kann bestenfalls als Kommentatorin der Wirtschaftspolitik taugen, die ihre Zwecke gar nicht in Frage stellt - wenn sie sie auch nicht immer beim Namen nennt; nicht aber zur Wissenschaft.
Eine sozialhistorische Disziplin kann überhaupt nicht "falsifizieren" - weil sie nicht reell experimentieren kann. Es fängt schon bei der Voraussetzung an: Sie kann keine Laborbedinungen herstellen* - doch die in der Wirklichkeit gegebenen Bedingungen kann sie weder ausnahmslos erfassen noch gar gewichten. Und weil sie lebende Menschen und wirkliche Landstriche beträfen, kann sie keine neue Bedingungen schaffen "nur um zu sehen, was passiert". Es gibt schlechterdings nichts, was irgendwer replizieren könnte. Da bliebe ersatzweise nur das Gedan-kenexperiment übrig, meinte Marx.
*) Was wirklich passiert, beweist und falsifiziert gar nichts: Es geschieht nicht unter Laborbedingungen, sondern in unkonrollierbarer Kontingenz; man kann hinterher ebenso frei über 'Ursachen' spekulieren wie zuvor.
JE
Nota. Das
obige Bild gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie
der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht
wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
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