aus welt.de, 31. 1. 2021 Leo Trotzki alias Lew Bronstein (1879–1940), Berufsrevolutionär, muss ins Exil
So rechnete Stalin mit seinem schärfsten Gegner ab
Am 31. Januar 1929 wurde der Revolutionär und Schöpfer der Roten Armee,
Leo Trotzki, aus der Sowjetunion ausgewiesen. Er begann eine elfjährige
Odyssee durch verschiedene Länder, gejagt von Mordkommandos seines
Erzfeindes Stalin.
Die
Gerüchteküche brodelte. Seit Anfang des Jahres 1929 gab es immer mehr
Meldungen in deutsch- wie englischsprachigen Blättern über die Zukunft
von Leo Trotzki. Seit gut einem Jahr lebte der ehemals nach Lenin (und
vor Stalin) mächtigste Mann der Sowjetunion in der Verbannung in
Alma-Ata, der Hauptstadt der Kasachischen Sozialistischen
Sowjetrepublik. Doch nun mehrten sich Berichte, denen zufolge der Schöpfer der Roten Armee und Sieger im Russischen Bürgerkrieg die UdSSR endgültig verlassen sollte.
Am
31. Januar 1929, einem Donnerstag, war es so weit: Trotzki wurde formal
aus dem Machtgebiet Stalins ausgewiesen. Doch was war sein Ziel? Der
deutschsprachige „Revaler Bote“
meldete, der Revolutionär wolle nach Deutschland kommen; die
Reichsregierung werde diesem Wunsche nicht entgegentreten, sofern er als
„einfacher Ausländer“ komme und sich den „deutschen Gesetzen
unterwerfen wolle“. Doch in der gleichen Nummer druckte das Blatt ein
Dementi aus Berlin: Man habe sich mit der Causa Trotzki „noch nicht
befasst“, ließ die Pressestelle der Reichsregierung in Berlin verlauten.
Der „Manchester Guardian“
veröffentlichte am selben Tag andere Informationen: Trotzki habe sich
mit seiner Familie auf den Weg in die Türkei gemacht. Zuvor habe der
prominen-teste Kommunist der Welt offiziell in Ankara (damals noch
„Angora“ geschrieben) angefragt, ob seine Einreise genehmigt würde. Kemal Atatürk,
der starke Mann der laizistischen Türki-schen Republik, habe das
zugesagt. Er gewährte ihm anschließend sogar politisches Asyl, auf der
Insel Büyükada, einem beliebten Erholungsort in der Nähe vonIstanbul.
Trotzki, geboren als Lew Bronstein
1879 in der heutigen Ukraine, war bereits seit etwa seinem 17.
Lebensjahr Sozialist und Revolutionär. Mit noch nicht einmal 20 Jahren
wurde er 1899 erstmals in Verbannung geschickt. Seit 1902 nannte er sich
Trotzki – das war der Name auf seinem gefälschten Pass, mit dem er aus
der Verbannung floh. Kurz darauf traf er in London Lenin und wurde schließlich
sein engster und wichtigster Mitarbeiter: ein Berufsrevolutionär.
Doch nach deren Sieg wandte sich ebendiese Revolution gegen Trotzki – und zwar in Gestalt von Josef Stalin,
dem Generalsekretär der KPdSU. Mit seiner Kombination aus absoluter
Rücksichtslosigkeit (über die Trotzki allerdings ebenso verfügte) und
geschicktem Spiel mit Loyalität wie Angst schaffte er es, die Männer aus
dem einst engsten Kreis um den 1924 verstorbenen Revolutionsführer
Lenin von der Macht zu verdrängen – erst aus ihren Posi-tionen in
Regierung und Partei, dann aus der Partei selbst, anschließend in die
Verbannung, schließlich oft, wie im Falle Trotzkis, ins Exil.
Für
Trotzki war der 31. Januar 1929 der Beginn einer unsteten Reise.
Spätestens seit 1932 verfolgten Mordkommandos auf Befehl aus Moskau ihn.
Er musste die Türkei verlassen, lebte nacheinander in Frankreich und
Oslo, schließlich ab 1937 in Mexiko-Stadt. Hier gab es am 24. Mai 1940
einen Überfall auf sein Haus, ausgeführt von mehreren als Polizisten
verkleideten Agenten.
Drei
Monate später, am 20. August 1940, folgte der nächste Anschlag, diesmal
ausgeführt von dem Spanier Ramón Mercader. Er hatte sich seit 1938
gezielt in die Nähe des Exilanten vor-gearbeitet – und nun schlug er
einen Eispickel in seinen Schädel. An dieser Wunde starb Trotzki nach
gut elf Jahren im Exil am 21. August 1940.
aus nzz.ch,
25.01.2021 Zwischen
1938 und 1945 wurden etwa 65 000 österreichische Juden ermordet. Seit
2000 erinnert am Judenplatz in Wien ein Mahnmal der britischen
Künstlerin Rachel Whitehead an die Opfer.
Verhaftet, vertrieben und verbrannt:
Vor 600 Jahren machten die Juden in Österreich eine traumatische Erfahrung
Im
Mittelalter war Wien ein Ort der jüdischen Gelehrsamkeit. Doch 1421
ordnete Albrecht V. die Vernichtung der Juden an. Der damaligen
Katastrophe sollten weitere folgen – nur durch öffentliche Erinnerung
sind Lehren aus der Leidens-geschichte zu ziehen.
von Jan-Heiner Tück
Der
Judenplatz im ersten Wiener Gemeindebezirk ist ein vielschichtiger
Erinnerungsort. Er hält einschneidende Daten der jüdischen
Leidensgeschichte in Wien präsent. Das erste Trauma ist die Wiener
Gesera, die Vertreibung und Ermordung der Juden durch Herzog Albrecht V.
im Jahr 1421. Das zweite Trauma ist das Pogrom, das Kaiser Leopold I.
1670 veranlasste, um die Juden für vermeintliche Verbrechen zu strafen.
Das dritte Trauma ist die Deportation und Vernichtung der Juden durch
die Nationalsozialisten. Der Judenhass, der sich immer wieder in
barbarischen Exzessen entlud, hat viele Ursachen. Neben ökonomischen und
sozialen spielen religiöse Motive eine wichtige Rolle.
Im
Mittelalter genossen die Juden im Herzogtum Österreich zunächst
relativen Schutz. Das jüdische Leben konnte sich entfalten. Von den
Zünften ausgeschlossen, fokussierten sich Juden auf Geldverleih und
Handel. Sie gelangten teilweise zu erheblichem Wohlstand. Der Judenplatz
in Wien war das Zentrum des jüdischen Lebens. In der Nachbarschaft zur
herzoglichen Residenz «Am Hof» gab es neben einer Synagoge und einem
Spital auch eine Schule. Wien war ein Ort jüdischer Gelehrsamkeit, an
dem so renommierte Rabbiner wie Isaak ben Mose wirkten.
Herzog
Albrecht V. (1397–1439) knüpfte zunächst an die moderate Judenpolitik
seiner Vorgänger an, vollzog in den Jahren 1420/21 aber eine radikale
Kehrtwende, als er die Inhaftierung, Vertreibung und Vernichtung der
Juden anordnete, wenn diese die Taufe verweigerten. Die antijüdische
Barbarei erreichte ihren Kulminationspunkt, als am 12. März 1421 die
letzten in Wien verbliebenen Juden auf einer Wiese nahe der Donau auf
einem Scheiterhaufen zusammengetrieben und bei lebendigem Leibe
verbrannt wurden. 92 Männer und 120 Frauen. Die Asche der Verbrannten
soll anschliessend nach Gold und Schmuck durchsucht worden sein.
Nach
der «Gesera», dem jüdischen Bericht über dieses Pogrom aus dem
16. Jahrhundert, soll es zuvor in der Synagoge zu einer kollektiven
Selbstverbrennung gekommen sein. Die bedrängten Juden hätten sich der
Zwangstaufe widersetzt und so ein leuchtendes Beispiel für die Heiligung
des göttlichen Namens gegeben. Obwohl es unter den Inhaftierten
vereinzelt zu Selbsttötungen kam, ist sich die Forschung einig, dass mit
dem Massensuizid ein Topos der jüdischen Märtyrertheologie aufgenommen
wird, um die Juden in ihrer Standhaftigkeit zu stärken. Eine
Selbstverbrennung ist aus anderen Quellen nicht belegt.
Das
sogenannte Jordanhaus am Judenplatz erinnert bis heute an die Schrecken
der Gesera. In die Fassade ist ein Relief mit der Taufe Jesu
eingelassen. Eine lateinische Inschrift verbindet die biblische Szene
mit der Verbrennung der Juden und bietet folgende Deutung: «Durch die
Fluten des Jordan wurden die Leiber von Schmutz und Übel gereinigt.
Alles weicht, was verborgen ist und sündhaft. So erhob sich 1421 die
Flamme des Hasses, wütete durch die ganze Stadt und sühnte die
furchtbaren Verbrechen der Hebräerhunde. Wie damals die Welt durch die
Sintflut gereinigt wurde, so sind durch das Wüten des Feuers alle
Strafen verbüsst.»
Religiöse und ökonomische Motive
Der
Kommentar bietet theologisch aufgeladene Hassrede. Die Juden werden
durch eine gezielte Dehumanisierungsstrategie zu Tieren degradiert und
als «Hebräerhunde» bezeichnet. Wie die Taufe am Jordan die Sünden
wegwäscht, so soll der Brand in Wien die «furchtbaren Verbrechen»
tilgen, welche die Juden begangen haben sollen. Neben ökonomischem Neid –
der «Luxus» der Juden wurde von ihren Schuldnern gerne angeprangert –
spielen hier religiöse Motive hinein.
Der
klassische Antijudaismus zählt zu den «Verbrechen» der Juden, dass sie
den Messias verworfen haben. Seit der Osterpredigt des Melito von Sardes
im 2. Jahrhundert ist der Vorwurf des «Gottesmordes» geläufig. Das
Dekret Albrechts, das im März 1421 die Ermordung der Juden verfügt,
führt einen Hostienfrevel an. In Enns an der Donau soll sich ein reicher
Jude gegen Geld Zugang zum heiligen Altarsakrament verschafft und
dieses mit anderen Glaubensgenossen entweiht haben. Dieses fingierte
Sakrileg wird zur Rechtfertigung der antijüdischen Massnahmen
herangezogen.
Schliesslich
wird der politische Verdacht lanciert, die Juden hätten mit den
Hussiten kollaboriert, die sich in Böhmen gegen Kirche und König erhoben
hatten, Kelchkommunion praktizierten und weitreichende Kirchenreformen
in Gang gesetzt hatten. Dieses Gerücht einer Verbrüderung mit den
aufständischen Hussiten wurde in der Wiener Theologischen Fakultät
aufgegriffen und gezielt zugespitzt, um die Juden als Verräter und
untreue Untertanen des Herzogs zu brandmarken.
Albrecht
selbst war in Böhmen in militärische Auseinandersetzungen mit den
Hussiten verwickelt, auch brauchte er enorme Summen, um die
Verpflichtungen seines Heiratsvertrags erfüllen zu können. Ihm kam das
Gerücht entgegen, die Juden würden mit den Hussiten paktieren. Die
Konfiszierung von Geld und Besitz konnte er so als gerechte Strafe für
jüdische «Verbrechen» hinstellen. Mit der Ausschaltung seiner Gläubiger
waren seine finanziellen Probleme gelöst. In der Forschung ist
allerdings umstritten, ob es nur wirtschaftliche oder nicht vielmehr
auch religiöse Gründe waren, die Albrecht zur Wende in der Judenpolitik
veranlasst haben.
Kirche ersetzt Synagoge
Die
Wiener Gesera von 1421 markiert einen Bruch in der jüdischen
Geschichte, die nach dem Basler Judaisten Alfred Bodenheimer
«ungebrochen gebrochen» mit Traumata konfrontiert ist. Gleichwohl kann
sich das jüdische Leben in Wien nach und nach erholen. Vor den Mauern
der Stadt, in der Unteren Werd, erfolgte eine neue Ansiedlung. König
Ferdinand I. gewährte den Juden das Privileg, Handel und Geldverleih zu
betreiben, im Ghetto wurde eine neue Synagoge errichtet.
Doch
Kaiser Leopold I. (1640–1704) erliess 1670 ein Edikt, das erneut die
Vertreibung der Juden verfügte, ein Ereignis, das als die zweite Wiener
Gesera ins kollektive Gedächtnis der Juden einging. Der Einfluss seiner
streng katholischen Gattin Margarita Theresa von Spanien, die
antijüdische Einstellung des damaligen Bischofs, aber auch das Drängen
des Jesuiten und kaiserlichen Beichtvaters Emerich von Sinelli stehen im
Hintergrund des Edikts. Auf dem Platz der zerstörten neuen Synagoge im
Unteren Werd wurde die Leopoldskirche errichtet. Eine lateinische
Inschrift über dem Portal, die bis heute erhalten ist, hält die
Umwandlung fest. Die Kirche als das «neue Israel» tritt an die Stelle
der alten Synagoge.
An
das dritte Trauma der jüdischen Leidensgeschichte erinnert am
Judenplatz das Mahnmal der Shoah-Opfer Österreichs, das von der
britischen Bildhauerin Rachel Whitehead gestaltet und im Jahr 2000
eingeweiht wurde. Während der NS-Herrschaft zwischen 1938 und 1945
wurden in Österreich etwa 65 000 Juden aus ihren Wohnungen vertrieben,
in Konzentrationslager deportiert und umgebracht. Das Mahnmal
dokumentiert 45 Ortsnamen von Vernichtungslagern und bietet eine
europäische Topografie des NS-Terrors. Zugleich erinnert es an das
Judentum als Religion des Buches. 65 000 nach aussen gekehrte Bücher
stehen für die ungeschriebenen Lebensgeschichten der jüdischen Opfer,
deren Namen in einem Archiv des Jüdischen Museums verzeichnet sind.
Aus der Geschichte lernen
Die
Mitschuld der katholischen Kirche an den judenfeindlichen Massnahmen
liegt auf der Hand. Die Wiener Theologen zur Zeit der ersten Gesera
ziehen den Vorwurf auf sich, an der Stimmungsmache gegen Juden
mitgewirkt zu haben und den grausamen Plänen des Herzogs nicht
entgegengetreten zu sein, obwohl ein päpstliches Verbot vorlag, das
Zwangstaufen an Juden untersagte. Bei der zweiten Wiener Gesera 1670
spielt wiederum die antijüdische Haltung der Kirche eine zentrale Rolle,
hohe Kleriker stehen als treibende Kraft hinter dem Edikt Leopolds.
Auch die Nationalsozialisten haben trotz ihrer kirchenfeindlichen
Politik antijüdische Stereotype der christlichen Predigt gerne
aufgenommen und sie rassenideologisch verschärft.
Der
Judenplatz dokumentiert nicht nur das Versagen, sondern auch das
Umdenken der katholischen Kirche. Bereits 1998 hat der Wiener
Erzbischof, Christoph Kardinal Schönborn, nahe dem Jordanhaus eine
Inschrift anbringen lassen, welche die Schuld der Christen an der ersten
Wiener Gesera, aber auch während der Zeit des «Dritten Reiches»
öffentlich einräumt. Anlässlich der 350-jährigen Wiederkehr der zweiten
Gesera hat Schönborn im vergangenen Jahr einen eindringlichen Brief an
den Präsidenten der Israelitischen Religionsgemeinschaft, Oskar Deutsch,
geschrieben und in allen Kirchen der Erzdiözese Wien eine Fürbitte
verlesen lassen, die den Juden Bestand und Wachstum in Frieden wünscht
und sie dem Segen des allmächtigen Gottes anvertraut. Bei den jüngsten
Attacken gegen Rabbiner haben sich die Bischöfe Österreichs umgehend
solidarisiert.
Aus
der Geschichte kann man lernen, dass aus der Geschichte nichts gelernt
worden ist, lautet eine zynische Devise. Diese Devise, die sich auf die
periodisch aufflackernde Gewalt gegen Juden stützen könnte, lässt sich
2021 anlässlich des 600-Jahr-Jubiläums der ersten Wiener Gesara nur
widerlegen, wenn die jüdischen Traumata öffentlich in Erinnerung gerufen
werden. So kann aus der Erinnerungssolidarität mit den damaligen
jüdischen Opfern eine Quelle erhöhter Wachsamkeit gegen neu aufkeimenden
Antisemitismus werden.
Über
öffentliche Schuldgeständnisse und Solidaritätsgesten hinaus ist die
akademische Theologie gefordert, das klassische Überbietungsdenken zu
überwinden. Bildprogramme, welche die triumphal lächelnde Ekklesia auf
die verblendete Synagoge herabschauen lassen, oder
Substitutionstheologien, welche die Kirche als das «neue Israel»
profilieren, haben eine ruinöse Wirkungsgeschichte gehabt.
Demgegenüber
gilt es heute, die bleibende theologische Würde Israels anzuerkennen
und das Gespräch auf Augenhöhe zu führen. Schulter an Schulter sollten
Juden und Christen Zeugnis für den einen Gott ablegen und an die Zehn
Gebote als Richtschnur des Handelns erinnern. Auch könnten sie die
Hoffnung auf die kommende Welt deutlicher ins Wort bringen, um den
flinken Advokaten der Diesseitsvertröstung nicht widerstandslos das Feld
zu überlassen.
Jan-Heiner Tück
ist Professor am Institut für Systematische Theologie der
katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. 2020 ist im
Herder-Verlag sein Buch «Gelobt seist du, Niemand. Paul Celans Dichtung –
eine theologische Provokation» erschienen.
Nota. -Was soll so ein Eintrag am Tag nach dem 27. Januar? Zeigen, dass Judenverfolgung schon immer gang und gäbe war, und der nationalsozialistische Völkermord nur der traurige Höhepunkt einer ansonsten fast normalen Sache? Das würde ihn, trivialisierend, verharmlo-sen. Der Versuch der großindustriellen Ausrottung einer ganzen Ethnie war aber einzigartig. Während der peloponnesischen Kriege pflegten die Sieger keine Gefangenen zu machen, sondern die unterlegene Polis wurde schlicht und einfach massakriert. Kein Überlebender sollte auf Rache sinnen können. Die Mongolen unter Timur Lenk verfuhren nicht anders; sie wollten keine Kolonien errichten, sondern Beute machen.
Der nationalsozialistische Völkermord war anders, weil die Juden anders sind.
Sie sind eine Volksgruppe, weil sie eine Bekenntnisgemeinschaft sind, aber eine Bekenntnis-gemeinschaft, weil sie ein Volk sind. Weder wollen sie ein anderes Volk beherrschen, noch wollen sie ihren Glauben verbreiten. Sie wollen für sich bleiben, denn dazu wurden sie aus-erwählt. Von Andern konnten sie über Jahrtausende nur ausgeschlossen werden, weil sie sich selber ausgeschlossen haben. Ghetto heißt ein Inselchen in der Lagune von Venedig, dort siedelten sich Juden an und waren unter sich und hatten das Privileg (!), nach ihrem eigenen Gesetz zu leben und nicht nach den Gesetzen der christlichen Republik Venedig. Das wurde zum Namensgeber für die Existenz des jüdischen Volks im Abendland.
Da sie als Händler und namentlich als Geldwechsler und Verleiher den Mächtigen der christ-lichen Staatengebilde nützlich waren, weil Christen verboten war, Zinsen zu nehmen und um-sonst auch der frömmste Christ nix borgen mag, gewährten sie ihnen Privilegien, die sie über das gewöhnliche Volk erhoben und es ihnen zum Feind machten. Ihre Sonderstellung als Eth-nie beruhte auf ihrer Sonderstellung als Kultusgemeinde.
Doch ihre Sonderstellung in der christlichen Gesellschaft war real. Als die europäischen Ge-sellschaften immer weniger christlich und immer sekulärer wurden, verstand sich die Sonder-stellung der Juden immer weniger wie von selbst, und revolutionäre Köpfe wie Johann G. Fichte und der getaufte Jude Karl Marx erkannten "die Judenfrage" als gelöst, sobald nur die Juden auf ihre exklusiven Gemeindegesetze verzichten und sich dem allgemeinen bürgerlichen Recht unterwerfen würden.
Was dann im Lauf des neunzehnten Jahrhunderts weitgehend geschehen ist - die bürgerliche Judenemanzipation hat stattgefunden. Doch hätten sie sich über Nacht alle taufen lassen: Von Grundbesitz und von zünftigem Handwerk waren sie wegen ihres Glaubens seit Jahrhunder-ten ausgeschlossen worden. Sie hatten Handel treiben und Zinsen nehmen dürfen, doch wenn sie dafür nicht die nötigen Mittel besaßen, blieben ihnen nur unzünftige Tagelöhnerarbeiten oder noch ehrlosere Erwerbsweisen.
Eine soziale Judenemanzipation hat nie stattgefunden. Noch in der Arbeiterbewegung, die in den jüdischen Gemeinden naturgemäß nie den Ton angeben konnte, gab es andereseits stets jüdische Sonderbünde, die sich doch nur ethnisch oder religiös definieren konnten. Unterm Strich: Um Bürger zu werden "wie alle andern", wurde ihnen zugemutet, aufzuhören,ethnisch oder konfessionellJuden zu sein.
Sie waren in den sich ausbildenden Massengesellschaften die sich-selbst-isolierende Minderheit par excellence. Wer immer einen Sündenbock brauchte, musste nicht suchen; er bot sich ihm an.
Bis hierhin reicht die Berichterstattung des gesunden Menschenverstands. Weiter nicht. Ver-stehe, wer kann.
aus derStandard.at, 25. Jänner 2021 Ruinen von Soknopaiou Nesos, einem in der Spätantike
untergegangenen Dorf im ägyptischen Fayum-Gebiet
Spätantiker Klimawandel löste Massenauswanderung und Siedlungssterben aus
Forscher führten Niedergang im Fayum-Gebiet auf schwächelnden Monsun im Quellgebieten des Nils im äthiopischen Hochland zurück
Das spätantike Ägypten hatte in einigen Regionen mit
Klimaschwankungen zu kämpfen, denen sogar ganze Siedlungen zum Opfer
fielen. Eigentlich galt das oasenartige Fayum-Gebiet rund 130 Kilometer
südwestlich von Kairo als Kornkammer des römischen Reichs. Und doch
verfielen dort gegen Ende des dritten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung
mehrere ehemals blühende Siedlungen. Die Bewohner waren ausgewandert,
weil sie Probleme bei der Bewäs-serung ihrer Felder hatten – das geht
zumindest aus bisherigen Ausgrabungen und zeitgenös-sischen Papyri
hervor.
Ein Team um die Althistorikerin Sabine Huebner von der Universität
Basel konnte nun die Ursachen hinter dem landwirtschaftlichen Niedergang
bestimmen: Im Fachjournal "Studies in Late Antiquity" berichten
sie von veränderten Umweltbedingungen in weit im Süden liegenden
Regionen, die sich auf die Fruchtbarkeit im Fayum-Gebiet auswirkte.
Schwächelnder Monsun
Die Untersuchung bestehender Klimadaten
weisen darauf hin, dass sich der Monsunregen in den Quellgebieten des
Nils im äthiopischen Hochland plötzlich und andauernd abschwächte. Die
Folge davon waren niedrigere Hochwasserstände des Stroms im Sommer. Dies
belegen geologische Sedimente aus dem Nildelta, dem Fayum und dem
äthiopischen Hochland, die langjährige Klimadaten über den Monsun und
den Wasserstand des Nils liefern.
Vermutlich ebenfalls eine Rolle gespielt hat dabei ein starker
tropischer Vulkanausbruch um 266, der im Folgejahr eine
unterdurchschnittlich schwache Nilflut mit sich brachte. Größere
Eruptionen sind aus Schwefelsäureablagerungen in Eisbohrkernen aus
Grönland und der Antarktis bekannt und bis auf drei Jahre genau
datierbar. Dabei führen jeweils bis in die Stra-tosphäre geschleuderte
Teilchen zu einer Klimaabkühlung und bringen dadurch das lokale
Monsunsystem durcheinander.
Anpassung an die geänderten Bedingungen
Im dritten
Jahrhundert war das ganze römische Reich von Krisen betroffen, die in
der Provinz Ägypten durch über 26.000 erhaltene beschriebene Papyri
relativ gut dokumentiert sind. Für das Fayum-Gebiet finden sich darauf
Aufzeichnungen von Bewohnern, die wegen der Wasser-knappheit Wein statt
Getreide anbauten oder auf Schafhaltung umstellten. Andere beschuldig-ten
ihre Nachbarn des Wasserdiebstahls oder wandten sich für
Steuererleichterungen an die römischen Behörden. Diese und weitere
Anpassungsstrategien der Bevölkerung zögerten das Sterben der Dörfer
über mehrere Jahrzehnte hinaus.
"Wie auch heute waren die Folgen des Klimawandels nicht überall die
gleichen", sagt Huebner. Während Regionen an den Rändern der Wüste stark
mit der Trockenheit konfrontiert waren, hätten andere von den Zuzügen
aus den aufgegebenen Dörfern eher profitiert. "Neues Wissen über das
Zusammenwirken von Klima, Umweltveränderungen und gesellschaftlichen
Ent-wicklungen ist daher hoch aktuell." Der Klimawandel der Spätantike
wurde indes nicht – wie der heutige – überwiegend vom Menschen
verursacht, sondern beruhte auf natürlichen Schwankungen. (red.)
Es ist schon ganz in Ordnung, dass Twitter & Co. einem amerikanischen Präsidenten "den Stecker ziehen"
können. Nicht in Ordnung war, dass ein amerikanischer Präsident seine Art der Machtausübung einem privatwirtschaftlich verfassten Medium
überantwortet hat. Dass es ein solches ist und dass es seinen eigenen
Erwerbsinteressen verpflichtet ist und nicht den Interessen des
Staatsoberhaupts, wusste er vorher. Wenn das Unternehmen meint, dessen
Art der Nutzung schade seiner Stelleung auf dem Markt, tut es das, was
man von ihm erwarten musste, es knipst ihn aus. Das Risiko ist der
Scharlatan wissentlich eingegangen. Er hat das höchste öffentliche Amt
seines Landes zu Markte getragen. Ein Glück, dass er die Folgen selber noch erleben durfte.
aus FAZ.NET, 23. 1. 2021 Hieronymus Bosch, Der Scharlatan
Die Meister der Fälschung
Grete de Francesco schrieb in den dreißiger Jahren ein Buch über die
Figur des Scharlatans. Seine Neuausgabe zeigt, wie überraschend aktuell
das Thema gerade jetzt ist.
Von Peter Rawert
Angeblich war es ihre literarische Begegnung mit dem Cavaliere Cipolla, dem Illusionisten und dämonischen Hypnotiseur aus Thomas Manns
Novelle und Faschismusparabel „Mario und der Zauberer“, die sie den
Entschluss für ihr Buch fassen ließ. „Ich wußte aber sofort, daß ich als
Autor stumm zu bleiben hatte, daß mir gerade die gleichnishafte Größe
des Themas das äußerste Maß von Zucht auferlegte, daß ich zu schweigen
und der Stoff zu sprechen hatte“, schrieb Grete de Francesco später an
Thomas Mann. „Ich vermied die Gegenwart, ich vermied jede ,geistreiche‘
Parallele, ich trat zurück, um der übermächtig sich erhebenden Anklage
Raum zu geben ... und war bestrebt, die Tarnung so dicht zu machen, daß
dieses trojanische Pferd ... in Deutschland Eingang findet.“
Ihr Buch, „Die Macht des
Charlatans“, erschien 1937 in Basel. Goldmachern, Quacksalbern, Wurm-
und Wundärzten, Magnetiseuren, Taschenspielern, Salbenkrämern und
anderen Marktschreiern ist die Abhandlung gewidmet. Ihr Inhalt ist
tatsächlich rein historisch. Jeden aktuellen Bezug hat sich die Autorin
versagt. Es sind Alchemisten wie Leopold Thurneißer und Marco Bragadino,
Wiedergänger wie der Graf St. Germain, Heiler wie Doktor Eisenbarth,
John Taylor, James Graham oder Franz Anton Mesmer, Zauberkünstler wie
Jacob Philadel-phia, beamtete Scharlatane wie der Helmstedter Hofrat
Gottfried Christoph Beireis oder schlicht anarchische Charaktere wie
Giuseppe Balsamo alias Comte Alessandro Cagliostro, deren Leben und
Taten de Francesco verhandelt. Nach Art einer phänomenologisch
arbei-tenden Soziologin formt sie deren Charakterzüge und
Verhaltensweisen zu einem überzeitlichen Typus: zum Scharlatan als
Inbegriff des Fälschers, welcher der Wahrheit, dem Wissen und den Worten
den Echtheitsgehalt raubt und so die Leichtgläubigen – seine Opfer –
verführt. Zu politischen Bewegungen und ihren Anführern schweigt die
Autorin konsequent. Doch besteht kein Zweifel daran, dass das, was für
sie der normative Kern von Scharlatanerie ist, für Scharlatane aller
Fakultäten gilt, auch die politischen.
Der Scharlatan als Wohltäter
Versucht man zu erfassen, was den
Protagonisten dieser Darstellung ausmacht, kommt ein Bild zustande, von
dem man instinktiv meint, es zu kennen, ohne es sich selbst je so klar
vor Augen geführt zu haben. Der Scharlatan lebt von der Hoffnung seiner
Opfer. Denkende Menschen meidet er, gläubigen hingegen wendet er sich
zu. Er verspricht, Wünsche und Sehnsüchte zu erfüllen, seien es
kindliche oder erwachsene, seien sie materiell oder ideell. Der
Scharlatan ist Alchemist und Magier zugleich. Er beherrscht die Kunst
der Verwandlung. Er hat den Stein der Weisen. Er macht Blei zu Gold,
aus Armen Reiche, aus Kranken Gesunde und aus Einsamen Geliebte. Er
versteht sich auf arkane Rezepte, spirituelle Praktiken und auf die
Kommunikation mit dem Jenseits.
Befriedigung der eigenen Geltung
Sein Wissen und seine Fähigkeiten hat der
Scharlatan an bedeutenden Akademien und auf ausgedehnten Reisen erworben
– meist durch den Orient oder den Fernen Osten. Manches weiß er von
Brüdern aus geheimen Logen oder anderen hermetischen Zirkeln. Er
verkehrt in hochmögenden Kreisen. Der Scharlatan ist Wohltäter. Handelt
er für die Armen, so verzichtet er auf Honorare. Die Befriedigung der
eigenen Geltung ist ihm wichtiger als der materielle Vorteil. Seine
Menschenbehandlung gründet gleichwohl auf Verachtung. Mitleid ist ihm
fremd, Einfalt nutzt er aus und verspottet sie zugleich.
Der
Scharlatan hat bedeutende Erfindungen gemacht. Deren Einsatz verheißt
das Ende irdischer Mühen. Auch auf die Herstellung von Allheilmitteln
wie Theriak versteht er sich. Nicht Experten lässt er über ihre Wirkung
urteilen, allein die Halbgebildeten sollen sie bewerten, weil er selbst
nur halbes Wissen verkauft.
Für seine
Verdienste hat der Scharlatan Orden und Ehrenzeichen erhalten. Gern
schmückt er sich mit akademischen Graden. Auch Adel steht ihm gut zu
Gesicht. Das Adelsrecht ist sein Metier. Überdies hat er oft
militärische Ränge erklommen. Sie qualifizieren ihn für strategische und
diplomatische Missionen. Er brilliert in den ungewöhnlichsten
Disziplinen, beherrscht alte und neue Sprachen und versteht sich auf die
Kunst. Man nennt ihn einen Polyhistor, einen Universalgelehrten.
Kritik verdirbt ihm sein Geschäft
Der Scharlatan liebt Latinismen und
erfundene Worte. Die Sprache ist sein wichtigstes Requisit. Er nutzt sie
mit überbordender Gelehrsamkeit. In Wahrheit ist er oberflächlich,
setzt auf vages Wissen. Seine empirische Basis ist allein das
persönliche Erlebnis. Tatsächlich ist er ein Meister der Fälschung.
Zugleich gibt er vor, Fertigkeiten auf den entlegensten Gebieten zu
haben. Der Magnetismus oder die Automatenkunst gehören dazu. Auch in der
Geisterbeschwörung ist er firm. An den Teufel glaubt er nicht, aber er
spielt mit dessen Nimbus.
Der Scharlatan
ist unduldsam. Er hasst Kritik. Sie quält ihn und verdirbt sein
Geschäft. Ähnlich ist es mit der Neugier. Der Scharlatan lebt vom
Geheimnis. Er ist in ständiger Angst vor Entlarvung. Deshalb ist er
stets in Eile. Der Scharlatan ist Verschwörungstheoretiker. Er deutet
die Geschichte vom Ende her. Das bloß Konsekutive ist bei ihm kausal.
Was ihm nicht passt, stellt er dar, als sei es von unsichtbarer Hand und
mit Absicht gegen ihn gelenkt. Der Scharlatan hat mächtige Feinde,
gegen die er seine Anhänger in Stellung bringt.
Der Scharlatan
ist Populist und mehr noch: Er ist Propagandist. Unentwegt arbeitet er
mit Schlagworten. Sie sind einfach, wiederholbar und gefühlsbetont. Ein
jeder kann ihren Inhalt mit seinen eigenen Vorstellungen füllen. Der
Scharlatan meidet Sammelbegriffe. Nicht vom „Wetter“ spricht er, sondern
von Blitzen, Sturm und Hagel, nicht von „Waffen“, sondern von Kanonen,
Mörsern und Bomben. Er will die Ohren seiner Hörer sturmreif schießen.
Oft setzt er dazu auch auf Musik. Märsche sind es, die er liebt,
besonders das Defilee. Er weiß, welche Macht der Rhythmus über die
Menschen hat. Und seine wichtigste Erkenntnis: Er weiß, dass die
Leichtgläubigen zwar die Lüge verachten, die ganze Wahrheit aber
gleichwohl scheuen. Deshalb negiert der Scharlatan die Wahrheit nicht.
Das unterscheidet ihn vom bloßen Betrüger. Er ersetzt sie vielmehr durch
eine neue Erzählung.
Die Tarnkappe der Kulturgeschichte
Es drängt sich auf, de Francescos
historischen Scharlatan und seine Verheißungen in die Gegenwart zu
holen. Aus Gold werden dann Bitcoins und Derivate, aus dem arkanen
Wissen der Logenbrüder die Produkte der modernen Esoterikbranche, aus
dem Perpetuum mobile die „Freie Energie“, aus der Erlösung von der Armut
das bedingungslose Grundeinkommen und soziale Gerechtigkeit, aus den
Wohltaten für die Armen die Brosamen aus der Hand von
Gemeinnützigkeitsfunktionären, aus Theriak werden Globuli, aus schlicht
erfundenen akademischen Weihen werden Titel, deren Verleihung auf
Copy-and-paste-Plagiaten beruht, aus plötzlich auftretenden Pandemien
werden die klandestinen Vernichtungspläne internationaler Eliten, und
aus der Wahrheit werden „alternative Fakten“, die sich nicht mehr bloß
von Mund zu Mund verbreiten, sondern in Echtzeit durch die sozialen
Netzwerke des World Wide Web rauschen.
Aber
halt: Nicht jeder ist ein Scharlatan, der bloß zuweilen scharlataneske
Züge offenbart. Wer bloß unduldsam ist, mag dem Verdikt entgehen. Ebenso
der schlicht Eitle, der Titelsüchtige, der aufdringlich Wohltätige oder
der nur übermäßig Laute. De Francescos Zuschreibungen sind keine
Brandzeichen. Sie bilden vielmehr nur Punkte einer Prüfliste, deren
Anwendung nach dem Prinzip eines „Je-mehr-desto-Scharlatan“ erfolgt.
Volker Breidecker, der die nun erschienene Neuausgabe von de Francescos
Buch (Die Andere Bibliothek. 320 S., Abb., geb., 44,– €) mit
einem klugen biographischen Essay über die Autorin versehen hat, stellt
überdies zu Recht fest, dass es zum doppelbödigen, aber sehr ernst zu
nehmenden Witz des Buches gehört, dass es nicht nur den Fingerzeig auf
den Noch-nicht- oder Doch-gerade-schon-Scharlatan gestattet, sondern
zugleich die kritische Reflexion auf den Status und die Existenz des
modernen Intellektuellen – auch und gerade im Wege der
Selbstbetrachtung.
De Francescos
Hoffnung, mit ihrem Buch unter der Tarnkappe der Kulturgeschichte zu den
gegen den Scharlatan „immunen Menschen“ durchzudringen – für die
Autorin jene mit Humor, Distanz, Ironie und Geist –, hat sich in
Deutschland nicht erfüllt. Auch unter Lesern im Exil war die Rezeption
des Werkes verhalten. In öffentlichen Bibliotheken hierzulande befinden
sich erstaunlich wenige Exemplare. Nur selten boten und bieten Antiquare
es an. Breidecker äußert die Vermutung, dass die damals im Reich
kursierenden Stücke von „höherer Stelle“ eingezogen und vernichtet
wurden. Die Vermutung ist nicht abwegig.
Grete de Francesco wurde
1893 als Margarethe Emilie Weissenstein in Wien geboren. Sie absolvierte
Studien an der Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie in München
und diplomierte später als erste weibliche Absolventin der Deutschen
Hochschule für Politik in Berlin mit einer nicht mehr auffindbaren
Arbeit über „Das Gesicht des faschistischen Italien“. Durch Heirat und
die Zeitläufte erhielt sie die italienische Staatsangehörigkeit. Ganz
überwiegend arbeitete sie als freie Journalistin. Kurzzeitig war sie
beim Feuilleton der „Frankfurter Zeitung“ angestellt. Eine Unzahl von
Ortswechseln prägte ihre oft prekären Lebensverhältnisse. Wohl von 1937
an war sie in Mailand ansässig. Nach der deutschen Besetzung
Norditaliens im September 1943 verbarg sie sich zeitweise in einem
„Irrenhaus“ für Frauen. Im Herbst 1944 fiel sie der SS in die Hände.
Vermutlich im Februar 1945 wurde sie im KZ Ravensbrück umgebracht. Ob
ihre jüdische Abstammung ihr zum Verhängnis wurde, ihr Buch oder beides,
weiß niemand. Fest steht nur, dass sie der Macht des Scharlatans zum
Opfer fiel.
Nota. - Thomas Mann gehört nicht zu meinen Hausgöttern. Doch dass er auch Hitler mit einem Jahrmarktshypnotiseur verglichen hätte, traue ich ihm nicht zu. Oder gar mit dem verwirrten Hanswurst Trump! Der war nur eine Farce und keine Tragödie. Aber es hätte schlimmer kommen können...
aus derStandard.at, 21. Jänner 2021 Spangenbarren waren ein typisches Zahlungsmittel in der frühen Bronzezeit.
Jahrtausendealte Währung
So sahen im bronzezeitlichen Europa die Vorläufer des Geldes aus
Forscher untersuchten Ringe, Spangen und Äxte, die vor allem eines haben mussten: Standardgröße
Ehe Münzen aufkamen, waren im bronzezeitlichen Europa andere Objekte
aus Metall in Umlauf, die eine vergleichbare Funktion erfüllten – etwa
Ringe, Spangen oder Äxte aus Kupfer oder Bronze. Diese Objekte waren in
Form und Gewicht standardisiert, und das so genau, dass man
Gewichtsunterschiede mit der Hand nicht feststellen kann. Das berichten
niederländische Archäologen, die das Proto-Geld aus der Zeitraum von
etwa 2150 bis 1700 vor unserer Zeitrechnung untersucht haben.
Großes Sample
Die Entwicklung von Geld und kohärenten
Gewichts- und Maßsystemen gehört zu den bedeutendsten prähistorischen
Entwicklungen des menschlichen Intellekts, schreiben Maikel Kuijpers und
Catalin Popa von der Fakultät für Archäologie der Universität Leiden in
ihrer Arbeit, die im Fachjournal "Plos One" veröffentlicht wurde. Sie
untersuchten in ihrer Studie mehr als 5.000 Ösenringe, Spangenbarren und
Axtklingen aus Kupfer und Bronze.
Ringe und Spangen wurden dabei vor allem in der Donauregion in
Süddeutschland, Nieder-österreich und Teilen Tschechiens gefunden,
Axtklingen typischerweise in Mittel- und Nord-ostdeutschland, heißt es in
der Arbeit. Dazwischen gibt es ein Gebiet, in dem Ringe, Spangen und
Äxte regelmäßig zusammen gefunden wurden, vor allem in Mähren und
Böhmen. In ge-ringerer Zahl kommen diese Objekte auch in Südskandinavien
vor.
Viele dieser Objekte wurden in großer Zahl gefunden, manchmal in
Horten mit mehreren hundert Stück. So wurde etwa 2014 in Oberding in
Bayern ein Depot mit 796 Spangenbarren aus Kupfer entdeckt, der aus der
frühen Bronzezeit stammt. "Für unsere Untersuchung haben wir gezielt
Horte ausgewählt, die mindestens fünf Ringe, Spangen und/oder Äxte
enthalten haben", sagt Kuijper.
Das Weber-Fechner-Gesetz
Kuijpers und Popa verglichen die
Gewichte dieser Objekte statistisch, und zwar unter Einbe-ziehung des
sogenannten "Weber-Fechner-Gesetzes", das aus der
Wahrnehmungspsychologie kommt. Demnach müssen Gegenstände in der Hand
einen Gewichtsunterschied von rund zwei Prozent aufweisen, damit man ihn
wahrnehmen kann. Um also die Gewichtszunahme eines Objekts mit 50 Gramm
wahrzunehmen, muss dessen Gewicht auf 51 Gramm steigen. Wiegt der
Gegenstand ein halbes Kilo, muss er um zehn Gramm zulegen, um schwerer
zu wirken. Dieses Prinzip war in einer Zeit und Region entscheidend, in
der es noch keine Waa-gen gab und die Menschen Gewichte mit der Hand
vergleichen mussten.
Der Studie zufolge waren etwa 70 Prozent der untersuchten Ringe – sie
hatten ein Durch-schnittsgewicht von rund 195 Gramm – einander ähnlich
genug, um in der Hand nicht als unterschiedlich schwer wahrgenommen zu
werden. Die Spangenbarren teilten die Forscher in eine schwerere und
eine leichtere Gruppe. Bei letzterer hatten 38 Prozent der Spangen ein
Gewicht von rund 81 Gramm, bei ersterer wogen 71 Prozent etwa 186 Gramm.
Geringer war die Übereinstimmung bei den Axtklingen, wo rund ein
Drittel der untersuchten Objekte ein Gewicht von rund 285 Gramm hatte.
Die Autoren vermuten jedenfalls, dass diese Ähnlichkeit in Form und
Gewicht, zusammen mit der Tatsache, dass diese Objekte oft in Horten
entdeckt wurden, auf eine Verwendung als frü-he Form einer
standardisierten Währung hindeuten. Es gebe auch Belege dafür, dass sie
über größere Entfernungen ausgetauscht wurden: "Wir sehen etwa Ringe,
die in Dänemark oder Frankreich gefunden wurden, wenn auch nicht so
viele wie in der Hauptregion", so Kuijpers.
Wie es weiterging
Am Ende der Frühbronzezeit seien Ösenringe
und Spangenbarren dann verschwunden und es begann ein Handel mit
Altmetall und Gusskuchen. Voraussetzung dafür seien zwei Entwick-lungen
gewesen, betonen die Forscher: Jene von Waagen und die kognitive
Entwicklung eines Wägesystems. Die frühesten Belege dafür in Mittel- und
Westeuropa würden aus der mittleren Bronzezeit stammen. (APA, red.)
Ja, wo war der Trump'sche Mob denn gestern? Haben wir nicht alle zur Amtseinführung Bidens mit einem neuen Sturm aufs Capitol gerechnet?
Es stellt sich heraus, es war alles wieder nur Bluff. Und das Ding am 6. Januar war kein Putschversuch, sondern wieder nur eine von diesen Schnapsideen, bei denen er sich nichts weiter gedacht hat.
Vier Jahre lang hieß es, wir hätten ihn nicht ernst genug genommen. Na ja, er hatte doch diesen Atomkoffer!
Jetzt wird uns erst richtig klar, auf welchem Schleudersitz die Welt vier Jahre lang gesessen hat. Angst und bange konnte einem werden, nur ernstnehmen konnte man ihn nicht.
...sich vor der Zeit außerhalb von Bayern aufs Glatteis zu begeben.
Dass er aber den Leuten zu reden gibt, kann ihm in Bayern und außerhalb nicht schaden. Strauß und Stoiber waren auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, doch dann war Schluss. Söder hat noch viel Zeit.
Die braucht er aber auch, um den Ruf des wendigen Karrieristen wieder loszuwerden.