aus derStandard.at, 21. Jänner 2021 Spangenbarren waren ein typisches Zahlungsmittel in der frühen Bronzezeit.
Ehe Münzen aufkamen, waren im bronzezeitlichen Europa andere Objekte aus Metall in Umlauf, die eine vergleichbare Funktion erfüllten – etwa Ringe, Spangen oder Äxte aus Kupfer oder Bronze. Diese Objekte waren in Form und Gewicht standardisiert, und das so genau, dass man Gewichtsunterschiede mit der Hand nicht feststellen kann. Das berichten niederländische Archäologen, die das Proto-Geld aus der Zeitraum von etwa 2150 bis 1700 vor unserer Zeitrechnung untersucht haben.
Die Entwicklung von Geld und kohärenten Gewichts- und Maßsystemen gehört zu den bedeutendsten prähistorischen Entwicklungen des menschlichen Intellekts, schreiben Maikel Kuijpers und Catalin Popa von der Fakultät für Archäologie der Universität Leiden in ihrer Arbeit, die im Fachjournal "Plos One" veröffentlicht wurde. Sie untersuchten in ihrer Studie mehr als 5.000 Ösenringe, Spangenbarren und Axtklingen aus Kupfer und Bronze.
Ringe und Spangen wurden dabei vor allem in der Donauregion in Süddeutschland, Nieder-österreich und Teilen Tschechiens gefunden, Axtklingen typischerweise in Mittel- und Nord-ostdeutschland, heißt es in der Arbeit. Dazwischen gibt es ein Gebiet, in dem Ringe, Spangen und Äxte regelmäßig zusammen gefunden wurden, vor allem in Mähren und Böhmen. In ge-ringerer Zahl kommen diese Objekte auch in Südskandinavien vor.
Viele dieser Objekte wurden in großer Zahl gefunden, manchmal in Horten mit mehreren hundert Stück. So wurde etwa 2014 in Oberding in Bayern ein Depot mit 796 Spangenbarren aus Kupfer entdeckt, der aus der frühen Bronzezeit stammt. "Für unsere Untersuchung haben wir gezielt Horte ausgewählt, die mindestens fünf Ringe, Spangen und/oder Äxte enthalten haben", sagt Kuijper.
Kuijpers und Popa verglichen die Gewichte dieser Objekte statistisch, und zwar unter Einbe-ziehung des sogenannten "Weber-Fechner-Gesetzes", das aus der Wahrnehmungspsychologie kommt. Demnach müssen Gegenstände in der Hand einen Gewichtsunterschied von rund zwei Prozent aufweisen, damit man ihn wahrnehmen kann. Um also die Gewichtszunahme eines Objekts mit 50 Gramm wahrzunehmen, muss dessen Gewicht auf 51 Gramm steigen. Wiegt der Gegenstand ein halbes Kilo, muss er um zehn Gramm zulegen, um schwerer zu wirken. Dieses Prinzip war in einer Zeit und Region entscheidend, in der es noch keine Waa-gen gab und die Menschen Gewichte mit der Hand vergleichen mussten.
Der Studie zufolge waren etwa 70 Prozent der untersuchten Ringe – sie hatten ein Durch-schnittsgewicht von rund 195 Gramm – einander ähnlich genug, um in der Hand nicht als unterschiedlich schwer wahrgenommen zu werden. Die Spangenbarren teilten die Forscher in eine schwerere und eine leichtere Gruppe. Bei letzterer hatten 38 Prozent der Spangen ein Gewicht von rund 81 Gramm, bei ersterer wogen 71 Prozent etwa 186 Gramm. Geringer war die Übereinstimmung bei den Axtklingen, wo rund ein Drittel der untersuchten Objekte ein Gewicht von rund 285 Gramm hatte.
Die Autoren vermuten jedenfalls, dass diese Ähnlichkeit in Form und Gewicht, zusammen mit der Tatsache, dass diese Objekte oft in Horten entdeckt wurden, auf eine Verwendung als frü-he Form einer standardisierten Währung hindeuten. Es gebe auch Belege dafür, dass sie über größere Entfernungen ausgetauscht wurden: "Wir sehen etwa Ringe, die in Dänemark oder Frankreich gefunden wurden, wenn auch nicht so viele wie in der Hauptregion", so Kuijpers.
Am Ende der Frühbronzezeit seien Ösenringe und Spangenbarren dann verschwunden und es begann ein Handel mit Altmetall und Gusskuchen. Voraussetzung dafür seien zwei Entwick-lungen gewesen, betonen die Forscher: Jene von Waagen und die kognitive Entwicklung eines Wägesystems. Die frühesten Belege dafür in Mittel- und Westeuropa würden aus der mittleren Bronzezeit stammen. (APA, red.)
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