aus derStandard.at, 25. Jänner 2021 Ruinen von Soknopaiou Nesos, einem in der Spätantike untergegangenen Dorf im ägyptischen Fayum-Gebiet
Das spätantike Ägypten hatte in einigen Regionen mit
Klimaschwankungen zu kämpfen, denen sogar ganze Siedlungen zum Opfer
fielen. Eigentlich galt das oasenartige Fayum-Gebiet rund 130 Kilometer
südwestlich von Kairo als Kornkammer des römischen Reichs. Und doch
verfielen dort gegen Ende des dritten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung
mehrere ehemals blühende Siedlungen. Die Bewohner waren ausgewandert,
weil sie Probleme bei der Bewäs-serung ihrer Felder hatten – das geht
zumindest aus bisherigen Ausgrabungen und zeitgenös-sischen Papyri
hervor.
Ein Team um die Althistorikerin Sabine Huebner von der Universität Basel konnte nun die Ursachen hinter dem landwirtschaftlichen Niedergang bestimmen: Im Fachjournal "Studies in Late Antiquity" berichten sie von veränderten Umweltbedingungen in weit im Süden liegenden Regionen, die sich auf die Fruchtbarkeit im Fayum-Gebiet auswirkte.
Die Untersuchung bestehender Klimadaten
weisen darauf hin, dass sich der Monsunregen in den Quellgebieten des
Nils im äthiopischen Hochland plötzlich und andauernd abschwächte. Die
Folge davon waren niedrigere Hochwasserstände des Stroms im Sommer. Dies
belegen geologische Sedimente aus dem Nildelta, dem Fayum und dem
äthiopischen Hochland, die langjährige Klimadaten über den Monsun und
den Wasserstand des Nils liefern.
Vermutlich ebenfalls eine Rolle gespielt hat dabei ein starker
tropischer Vulkanausbruch um 266, der im Folgejahr eine
unterdurchschnittlich schwache Nilflut mit sich brachte. Größere
Eruptionen sind aus Schwefelsäureablagerungen in Eisbohrkernen aus
Grönland und der Antarktis bekannt und bis auf drei Jahre genau
datierbar. Dabei führen jeweils bis in die Stra-tosphäre geschleuderte
Teilchen zu einer Klimaabkühlung und bringen dadurch das lokale
Monsunsystem durcheinander.
Im dritten
Jahrhundert war das ganze römische Reich von Krisen betroffen, die in
der Provinz Ägypten durch über 26.000 erhaltene beschriebene Papyri
relativ gut dokumentiert sind. Für das Fayum-Gebiet finden sich darauf
Aufzeichnungen von Bewohnern, die wegen der Wasser-knappheit Wein statt
Getreide anbauten oder auf Schafhaltung umstellten. Andere beschuldig-ten
ihre Nachbarn des Wasserdiebstahls oder wandten sich für
Steuererleichterungen an die römischen Behörden. Diese und weitere
Anpassungsstrategien der Bevölkerung zögerten das Sterben der Dörfer
über mehrere Jahrzehnte hinaus.
"Wie auch heute waren die Folgen des Klimawandels nicht überall die gleichen", sagt Huebner. Während Regionen an den Rändern der Wüste stark mit der Trockenheit konfrontiert waren, hätten andere von den Zuzügen aus den aufgegebenen Dörfern eher profitiert. "Neues Wissen über das Zusammenwirken von Klima, Umweltveränderungen und gesellschaftlichen Ent-wicklungen ist daher hoch aktuell." Der Klimawandel der Spätantike wurde indes nicht – wie der heutige – überwiegend vom Menschen verursacht, sondern beruhte auf natürlichen Schwankungen. (red.)
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