George Logan-laif
Constanze Kurz und Frank Rieger, zwei Galionsfiguren des Chaos Computer Clubs, haben gemeinsam ein Buch verfasst: „Arbeitsfrei“. Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen. In der FAZ vom 13. Oktober veröffentlichten sie eine Zusammenfassung (I), und am folgenden Tag schrieb Jürgen Kaube unterm Titel Wo du hingehst, da will auch die Maschine hingehen eine Rezension (II)
Keiner kann so recht vorhersehen, was da noch alles auf uns zukommt; "was jedoch klar zu erkennen ist, betrifft die
arbeitenden Menschen: Sie verschwinden aus mehr und mehr Bereichen der
Produktion, sei es physisch oder geistig", schreiben Kurz und Rieger(I).
"Immer wenn sich eine neue Technologiewelle
durchsetzte, kam es zu teils dramatischen Umwälzungen, die oft für großes Leid,
Ungerechtigkeiten und Machtverschiebungen, aber auch für neuen Wohlstand,
Beschleunigung von täglichen Abläufen oder neue Bequemlichkeiten sorgten.
Etablierte Lebens-, Arbeits- und Denkweisen wurden
zum Teil binnen weniger Jahre obsolet, über lange Zeit erworbene Fertigkeiten
und Kenntnisse wertlos." (I)
Doch diesmal "ändert sich das Spiel der globalen Wirtschaft grundlegend. Schon heute ist der Trend zurück zur Produktion in der Nähe der Endabsatzmärkte in vielen Branchen klar zu sehen. Industrien mit sehr hohem Automatisierungsgrad, wie etwa die Fahrzeugbranche, bauen seit Jahren neue Fabriken direkt in ihren Hauptabsatzländern. Je geringer der Anteil der Lohnkosten an einem Produkt ist, desto mehr treten andere Faktoren für die Standortwahl in den Vordergrund. Transportkosten, Infrastruktur, Stromnetze, Umweltfaktoren, Verfügbarkeit von hochqualifiziertem Personal, Steuerbelastung, politische Stabilität und sonstige regulatorische Faktoren bestimmen letztlich die Profitabilität weitaus stärker als die Kosten für das Personal. Das Kapital, das erforderlich ist, um die nötigen Investitionen zu tätigen, die eine menschenarme Fertigung ermöglichen, wird zum entscheidenden Produktionsmittel." (I)
Kaube fasst zusammen: "Maschinen ersetzen Arbeit. Die Autoren erzählen das am Beispiel der Herstellung von Brot. Das Vaterunser bittet, dass es täglich gegeben werde. Doch von wem konkret? Erntemaschinen, Düngemaschinen, Milchviehfütterungsmaschinen, Aufbackautomaten und so weiter - die agrarische Produktionskette braucht kaum mehr Personal. Wodurch es ersetzt wurde, schildern Kurz und Rieger vom Getreide bis zur Bäckerei. ... Dem Einwand, die Arbeit sei durch die Maschinen nicht verschwunden, sondern nur zu den Produzenten des entsprechenden Geräts gewandert, begegnet ihr Besuch in Firmen, die Landmaschinen herstellen. Dort ist es genauso menschenleer wie in Ölraffinerien, vollautomatischen Mahlfabriken oder Hochregallagern. Dass Roboter Roboter anfertigen, ist der Fluchtpunkt dieser Geschichte.(II)
Kurz und Rieger: "Die Automatisierung macht nicht halt in der physischen Welt. Sie geht weiter in die nächste Domäne, die bisher als genuin menschlich betrachtet wurde. ... Die Effekte der Computerisierung kognitiver Aspekte sind weitaus subtiler, als wenn in der Fabrikhalle an der Stelle, wo vor einem Jahr noch Menschen schafften, nun Roboter stehen. ... Erfahrung, Wissen und Intuition werden durch Software nachgebildet, Statistiken, Optimierungs- und Wahrscheinlichkeitsrechnungen ersetzen die oft eher unscharf begründeten, einfach zu beeinflussenden Entscheidungen des Menschen."(I)
Den Schönrednern halten sie entgegen: "Viele andere neue Jobs in der so gern umjubelten 'digitalen Wirtschaft', die Social-Media-Berater, Internetagenturen und Webdesigner, sind bisher mehr Schein als Sein. Prekäre Arbeitsverhältnisse, umfangreiche Selbstausbeutung und ein finanziell genügsames Hangeln von Projekt zu Projekt, unterbrochen von Phasen der Abhängigkeit von Sozialleistungen, kennzeichnen die Branche. Wie immer, wenn sich neue Selbstverständlichkeiten herausbilden, die bald zum digitalen Alltag gehören, gibt es ein Überangebot an Beratern und Dienstleistern, die vom kurzfristigen Unwissen und Nichtverstehen der Unternehmen, Parteien und Medien profitieren wollen. Leider funktioniert das immer nur für eine vergleichsweise kurze Zeit; dann kommen zu viele andere auf die gleiche Idee. Obendrein führt die nächste technologische Innovation zur Banalisierung des einstmals tollen Wissens und Kennens."(I)
Das sind nun keine strahlenden Aussichten. Dennoch: "Die Vision einer Gesellschaft, in der Arbeitsplätze, die uns nicht mehr menschenwürdig erscheinen, die besser und schneller von Maschinen erledigt werden können, nicht länger durch immer weiteres Lohndrücken erhalten werden; in der jeder nach seinen Talenten und Fähigkeiten arbeitet und nur so viel, wie es seine Lebensumstände und -phasen erlauben, ist keine hoffnungslose Utopie mehr. Menschlicher Erfindungsgeist und Tatkraft haben uns so weit gebracht, dass Maschinen große Teile der Arbeit erledigen können, die wir nicht erledigen können oder nicht mehr erledigen wollen."(I)
- Was wird aus den Köpfen, wenn sie zum Datenspeichern nicht mehr gebraucht werden?
- Der Niedergang der Arbeitsgesellschaft und der Verfall des Tauschwerts.
Doch diesmal "ändert sich das Spiel der globalen Wirtschaft grundlegend. Schon heute ist der Trend zurück zur Produktion in der Nähe der Endabsatzmärkte in vielen Branchen klar zu sehen. Industrien mit sehr hohem Automatisierungsgrad, wie etwa die Fahrzeugbranche, bauen seit Jahren neue Fabriken direkt in ihren Hauptabsatzländern. Je geringer der Anteil der Lohnkosten an einem Produkt ist, desto mehr treten andere Faktoren für die Standortwahl in den Vordergrund. Transportkosten, Infrastruktur, Stromnetze, Umweltfaktoren, Verfügbarkeit von hochqualifiziertem Personal, Steuerbelastung, politische Stabilität und sonstige regulatorische Faktoren bestimmen letztlich die Profitabilität weitaus stärker als die Kosten für das Personal. Das Kapital, das erforderlich ist, um die nötigen Investitionen zu tätigen, die eine menschenarme Fertigung ermöglichen, wird zum entscheidenden Produktionsmittel." (I)
Kaube fasst zusammen: "Maschinen ersetzen Arbeit. Die Autoren erzählen das am Beispiel der Herstellung von Brot. Das Vaterunser bittet, dass es täglich gegeben werde. Doch von wem konkret? Erntemaschinen, Düngemaschinen, Milchviehfütterungsmaschinen, Aufbackautomaten und so weiter - die agrarische Produktionskette braucht kaum mehr Personal. Wodurch es ersetzt wurde, schildern Kurz und Rieger vom Getreide bis zur Bäckerei. ... Dem Einwand, die Arbeit sei durch die Maschinen nicht verschwunden, sondern nur zu den Produzenten des entsprechenden Geräts gewandert, begegnet ihr Besuch in Firmen, die Landmaschinen herstellen. Dort ist es genauso menschenleer wie in Ölraffinerien, vollautomatischen Mahlfabriken oder Hochregallagern. Dass Roboter Roboter anfertigen, ist der Fluchtpunkt dieser Geschichte.(II)
Kurz und Rieger: "Die Automatisierung macht nicht halt in der physischen Welt. Sie geht weiter in die nächste Domäne, die bisher als genuin menschlich betrachtet wurde. ... Die Effekte der Computerisierung kognitiver Aspekte sind weitaus subtiler, als wenn in der Fabrikhalle an der Stelle, wo vor einem Jahr noch Menschen schafften, nun Roboter stehen. ... Erfahrung, Wissen und Intuition werden durch Software nachgebildet, Statistiken, Optimierungs- und Wahrscheinlichkeitsrechnungen ersetzen die oft eher unscharf begründeten, einfach zu beeinflussenden Entscheidungen des Menschen."(I)
Den Schönrednern halten sie entgegen: "Viele andere neue Jobs in der so gern umjubelten 'digitalen Wirtschaft', die Social-Media-Berater, Internetagenturen und Webdesigner, sind bisher mehr Schein als Sein. Prekäre Arbeitsverhältnisse, umfangreiche Selbstausbeutung und ein finanziell genügsames Hangeln von Projekt zu Projekt, unterbrochen von Phasen der Abhängigkeit von Sozialleistungen, kennzeichnen die Branche. Wie immer, wenn sich neue Selbstverständlichkeiten herausbilden, die bald zum digitalen Alltag gehören, gibt es ein Überangebot an Beratern und Dienstleistern, die vom kurzfristigen Unwissen und Nichtverstehen der Unternehmen, Parteien und Medien profitieren wollen. Leider funktioniert das immer nur für eine vergleichsweise kurze Zeit; dann kommen zu viele andere auf die gleiche Idee. Obendrein führt die nächste technologische Innovation zur Banalisierung des einstmals tollen Wissens und Kennens."(I)
Das sind nun keine strahlenden Aussichten. Dennoch: "Die Vision einer Gesellschaft, in der Arbeitsplätze, die uns nicht mehr menschenwürdig erscheinen, die besser und schneller von Maschinen erledigt werden können, nicht länger durch immer weiteres Lohndrücken erhalten werden; in der jeder nach seinen Talenten und Fähigkeiten arbeitet und nur so viel, wie es seine Lebensumstände und -phasen erlauben, ist keine hoffnungslose Utopie mehr. Menschlicher Erfindungsgeist und Tatkraft haben uns so weit gebracht, dass Maschinen große Teile der Arbeit erledigen können, die wir nicht erledigen können oder nicht mehr erledigen wollen."(I)
Doch einen Fingerzeig, wie sich die zu befürchtenden Übel der Digitalisierung in zu erhoffende Vorteile verwandeln ließen, geben Kurz und Rieger jedenfalls in ihrer Zusammenfassung für die FAZ nicht. Das tut schon eher - aber ohne sich dessen zu versehen - ihr industriefreundlicher Rezensent Kaube: "Als Ökonom fragt man sich
nämlich, wer in einer so plausibel geschilderten Welt, in der am Ende Maschinen
ihresgleichen herstellen, überwachen und beauftragen, wer darin eigentlich die
von diesen Maschinen fast eigenständig hervorgebrachten Produkte kauft? Die
Antwort kann kaum lauten: die Arbeitslosen."(II) Ja, das ist wahr, eine durchgängig automatisierte Produktion in allen Bereichen ist ökonomisch schlechterdings unmöglich - jedenfalls unter den einstweilen herrschenden Bedingungen, wo Einkommen nur durch Arbeit entsteht, und wenn nicht durch eigene, dann durch die der andern, und wo Wert nichts anderes ist als Kommando über fremde Arbeitskraft - die niemand mehr braucht.
Die Losung eines Bedarfsunabhängigen Grundeinkommens mag realistisch sein oder nicht. Aber sie formuliert in aller wünschenswerten Schärfe das Paradox der digitalen Revolution: Sie schafft die Arbeit ab, die doch das Lebensmittel aller vorangegangenen Generationen war, und setzt nichts an ihre Stelle.
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