aus spektrum.de, 16.09.2019 Zinbarren
Bronzezeit
Britannisches Zinn gelangte bis in den Ostmittelmeerraum
Archäometriker
haben Zinnbarren aus bronzezeitlichen Wracks im östlichen
Mittelmeerraum untersucht und festgestellt: Zum Teil stammt das für die
Bronzeherstellung benötigte Zinn aus Südbritannien.
von Karin Schlott
Die
Bestandteile für Bronze sind Kupfer und Zinn. Während Kupfer in der
Vorgeschichte an mehreren Orten in Europa und im Mittelmeerraum abgebaut
wurde, waren Zinnvorkommen rar gesät. Große Lagerstätten fanden sich in
Westeuropa (Iberische Halbinsel, heutiges England und Frankreich) und
in Zentralasien, im heutigen Afghanistan. Im östlichen Mittelmeergebiet,
wo im 2. Jahrtausend v. Chr. die Hochkulturen der Mykener, der alten
Ägypter und der Hethiter blühten, gab es hingegen nur wenige
Zinnvorkommen. Das Metall musste also über weite Distanzen dorthin
transportiert werden.
Archäologen versuchen schon lange
festzustellen, woher genau die spätbronzezeitlichen Mittelmeerkulturen
ihr Zinn bezogen. Forscher des Curt-Engelhorn-Zentrums für Archäometrie
in Mannheim haben nun aus der Analyse von Zinnbarren konkrete Hinweise
auf die Herkunft des Metalls gewonnen. Offenbar stammen Barren, die aus
Schiffwracks vor der israelischen Küste geborgen wurden, aus dem Süden
Britanniens.
Rot markiert sind
Vorkommen auf dem eurasischen Kontinent, in denen zwischen 2500 und
1000 Chr. Zinn gewonnen wurde. Der gelbe Pfeil zeigt die vermutete
Herkunft des Zinns aus den Schiffwracks vor der israelischen Küste.
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Insgesamt
haben nur vergleichsweise wenige Zinnbarren die Zeit seit der
Bronzezeit überdauert. Was daran liegen dürfte, dass das meiste Zinn
damals in die Produktion von Bronze ging. Nur in Fällen von höherer
Gewalt blieb das Metall erhalten: Fast alle spätbronzezeitlichen
Zinnbarren – immerhin 215 Stück – haben Archäologen aus Schiffwracks
geborgen, etwa an der berühmten Fundstelle von Uluburun vor der
türkischen Küste oder an der Küste Israels bei Haifa, Hishuley Carmel
und Kfar Samir. Die Frachtschiffe waren dort im 14. und
13. Jahrhundert v. Chr. gesunken.
Die Funde aus den Wracks wurden
schon mehrfach naturwissenschaftlich untersucht. Doch um die Herkunft
des Zinns zu bestimmen, fehlten den Forschern bisher genügend
Vergleichsdaten. Denn selbst wenn die Isotopensignatur eines Metalls
bekannt ist, lässt sich dessen Herkunft nur feststellen, wenn auch die
entsprechende Signatur der Erzlagerstätte im Vorfeld dokumentiert wurde.
Inzwischen können naturwissenschaftliche Archäologen auf deutlich mehr
Isotopendaten von Zinnvorkommen zurückgreifen.
Die Mannheimer Archäometriker Daniel Berger und Ernst
Pernicka haben daher 27 spätbronzezeitliche Zinnbarren aus der Türkei,
Israel und Griechenland mit Hilfe der Spurenelementanalyse sowie der
Blei- und Zinnisotopie erneut untersucht. Vor allem die Bleiisotope im
Zinn liefern den Forschern Informationen zur Herkunftsbestimmung. Das
wichtigste Ergebnis der umfangreichen Forschungsarbeit, die im Fachjournal »PlosOne«
erschienen ist: Das Zinn aus den Schiffwracks vor der israelischen
Küste stimmt weitgehend mit dem Zinn aus Lagerstätten in Südengland
überein, genauer in Devon und Cornwall. Das setzt voraus, dass es im
14. und 13. Jahrhundert ein weit reichendes Handelsnetz zwischen
Westeuropa und dem östlichen Mittelmeerraum gab.
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