aus derStandard.at, 30. Oktober 2019
Vor 4.000 Jahren wurden erstmals in großem Stil Wälder gerodet
Forscher untersuchten Sedimentablagerungen in hunderten Seen weltweit und stießen auf einen überraschenden Trend
"Schon vor 4.000 Jahren, also lange vor den neueren und drastischeren Eingriffen in die Natur durch Treibhausgasemissionen, haben menschliche Aktivitäten offensichtlich die globale Umwelt beeinflusst." So fasst Jean-Philippe Jenny vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena die Ergebnisse einer aktuellen Studie zusammen, die im Fachjournal "PNAS" erschienen ist und die Debatte um das Anthropozän um eine weitere Facette bereichert.
"Schon vor 4.000 Jahren, also lange vor den neueren und drastischeren Eingriffen in die Natur durch Treibhausgasemissionen, haben menschliche Aktivitäten offensichtlich die globale Umwelt beeinflusst." So fasst Jean-Philippe Jenny vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena die Ergebnisse einer aktuellen Studie zusammen, die im Fachjournal "PNAS" erschienen ist und die Debatte um das Anthropozän um eine weitere Facette bereichert.
Der menschliche Fußabdruck
Wann das Anthropozän, also das vom Menschen geprägte Erdzeitalter, begann, ist eine Frage der Perspektive. Eine Extremposition setzt seinen Beginn sehr spät an – mit dem beginnenden Industriezeitalter oder gar erst dem 20. Jahrhundert, ab dem Nukleartechnologie und Klimawandel dauerhafte Spuren hinterlassen haben. Am anderen Ende der Skala steht der Ansatz, dieses Zeitalter bereits mit der Ausrottungswelle zahlloser Großtierarten am Ende der letzten Kaltzeit beginnen zu lassen.
Nicht ganz so weit, aber doch einige Jahrtausende reicht der menschliche "Fußabdruck" zurück, den ein internationales Forschungsteam um Jenny in Sedimentablagerungen von Seen gefunden hat. Aus 632 Seen weltweit lagen Bohrkerne vor, die in den vergangenen Jahrzehnten von Pollenforschern gesammelt worden waren. "Sedimente von Seen gelten als natürliche Archive von Erosionsprozessen. Sie resultieren aus allen Vorgängen aus den Einzugsgebieten der Seen, welche Boden, Gestein und gelöste Stoffe abtragen, und bleiben in chronologischen Schichten erhalten", erklärt Jenny.
Entwaldung vor Jahrtausenden
Mit Hilfe von Radiokarbonmessungen ermittelten die Wissenschafter das Alter der Sedimentschichten und deren Anreicherungsraten. "Überraschenderweise zeigten 35 Prozent der 632 analysierten Seen vor ca. 4.000 Jahren eine zunehmende Sedimentanreicherung", sagt Nuno Carvalhais vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie. Auf der Suche nach möglichen Ursachen dafür untersuchten die Forscher auch den Pollenbestand der Sedimente, der Hinweise auf Veränderungen der Vegetation in den betreffenden Regionen bietet.
"Wir waren sehr überrascht zu sehen, dass die Sedimentanreicherung vor 4.000 Jahren zeitlich mit einem verringerten Anteil von Pollen aus Bäumen zusammenfiel" sagt Jenny. "Der Rückgang der Baumpollen ist auf Entwaldung zurückzuführen, die insbesondere durch Rodungen für die Landwirtschaft und für neue Siedlungen durchgeführt wurde. Der Kahlschlag der Bäume begünstigte wiederum die Degradation und Erosion der Böden."
Die Forscher interpretieren ihre Daten so, dass die Veränderung des Baumbestandes in den Einzugsgebieten der Flüsse und Seen seit langem der Hauptfaktor für die Bodenerosion ist. Anthropogenes Abholzen sei als Hauptursache für die beschleunigte Bodenerosion in den letzten vier Jahrtausenden anzusehen – mindestens so lange reichen massive Eingriffe des Menschen in seine Umwelt also zurück. (red,)
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