Freitag, 15. November 2019

Das Ende des Assyrischen Großreichs.

Assurbanipal
aus spektrum.de, 14.11.2019

Neuassyrisches Großreich:
Zwangen Megadürren die Assyrer in die Knie? 
Das erste Großreich der Geschichte erstreckte sich vom Zweistromland bis nach Ägypten. Doch sein Ende kam plötzlich. Scheiterte das neoassyrische Großreich an Hunger und Dürre? 

von Jan Dönges 

Der Anfang vom Ende begann mit dem Tod von Assurbanipal um das Jahr 630 v. Chr. Binnen einer Generation zerfiel ein Reich, das sich auf seinem Höhepunkt vom Zentrum von Mesopotamien, dem Zweistromland, bis in den Mittelmeerraum und nach Ägypten ausgedehnt hatte. 612 v. Chr fiel eine der Metropolen, die Hauptstadt Niniveh, angreifenden Medern und Babyloniern zum Opfer. Das große neuassyrische Reich wurde unter seinen Nachbarn aufgeteilt und war bald Geschichte. 

Woher kam diese plötzliche Schwäche? Ein Faktor könnte das Klima gewesen sein, urteilt nun ein Team um Ashish Sinha von der University of California in einem Beitrag für das Fachmagazin »Science Advances«. In der Blütezeit des Reichs von 912 bis 650 v. Chr. herrschten in Mesopotamien besonders günstige, weil feuchte Bedingungen. Doch die regenreiche Phase mündete kurz nach dem Tod Assurbanipals in eine Trockenphase, welche die Wissenschaftler als Megadürre bezeichnen.

Sie stützen sich dabei auf die Analyse von Stalagmiten aus der Höhle Kuna Ba im Norden des Iraks. Die einzelnen Schichten der Tropfsteine verraten, wie sich die klimatischen Bedingungen während der Assyrerzeit veränderten. Unter den dramatisch schlechteren Lebensbedingungen hätten die Assyrer die vielfältigen Herausforderungen ihrer Herrschaft an den Landesgrenzen und in den eroberten Gebieten nicht mehr meistern können, schreiben die Forscher.

Die Reiche der Maya und der Khmer könnten ebenfalls solchen abrupten klimatischen Veränderungen zum Opfer gefallen sein, vermuten manche Wissenschaftler. Auch Beispiele aus jüngster Vergangenheit zeigen, unter welchen politischen Stress ein Gemeinwesen gerät, wenn Dürren die Ernten zerstören. Beim Fall des neuassy- rischen Reichs dürfte die Trockenheit jedoch nur ein Faktor unter mehreren gewesen sein. Historikern zufolge scheint es Assurbanipal und seinen Vorgängern nicht gelungen zu sein, ein tragfähiges Verwaltungssystem in den eroberten Landesteilen zu etablieren. Stattdessen dehnten sie die Grenzen ihres Reichs durch Eroberungs- züge immer weiter aus. 


Nota. - Klimatische und Naturkatastophen sind eins. Ein anderes ist die Fahigkeit der Gemeinwesen, deren Folgen zu beherrschen. Und da ist wäre der springende Punkt, dass Assurbanipal sein Reich in die Breite überdehnt hat, statt es strukturell in die Tiefe zu konsolidieren. Hätte er zu letzterem die Mittel gehabt oder fehlte bloß die Einsicht? Und so weiter... Die Suche nach einem "ausschlaggebenden Faktor" verliert sich meist in der Weite. Man kann schon froh sein, wenn sich Kraftlinien abzeichnen.
JE

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen