Hätte sie ja auch nicht gemusst. Die Korruptionsfälle - und dass Amthor in Meck-Pomm auf Platz eins der Landesliste gewählt wurde - zeigen, dass Angela Merkel über ihre Verantwor-tung als Kanzlerin die inneren Verhältnisse ihrer Partei vernachlässigt hat. Doch alles alleine musste sie ja gar nicht machen; sie hätte doch Führungsaufgaben delegieren können. "Kann sie eben nicht", sagen ihre Kritiker.
Sie ist unter deutschen Politikern ja ein einzigartiges Ereignis. Sie ist keine Karrierepolitikerin, um Politik hatte sie sich nie gekümmert, bis plötzlich Wende und Wiedervereinigung ausbra-chen. Sie war keine Vertreterin von irgendwas und irgendwem. Den Pfarrer Schnur kannte sie aus familärem Umkreis, und als seine Stasi-Tätigkeit aufflog, blieb sie ganz allein, doch Helmut Kohl, der für die Macht einen Instinkt hatte, erkannte ihr Talent und machte sie schließlich zu seiner Generalsekretärin; später wird er es bereut haben.
Sie ist nicht von sich aus Berufspolitikerin geworden, es ist ihr übergeholfen worden. Sie hätte es vielleicht gar nicht gewollt, sie soll sich als Physikerin ganz wohl gefühlt haben. Doch was das Entscheidende ist: Ein politisches Programm hat sie nicht vertreten, sie macht Politik im Sichtflug und mit Augenmaß. Aus Opportunismus, wird gesagt. Opportunismus um wessent-willen? Aus unbändigem Machtwillen oder aus unbändigem Gestaltungsdrang?
Doch als sie Helmut Kohl den Fangschuss gab, dürfte ihr kaum geträumt haben, dass sie eines Tages in der deutschen Politik als die einzige Figur dasteht, der man vertraut, dass sie tut, was sie für gut und richtig erkannt hat, und der man krumme Dinger nicht zutraut, weil sie feste Maßstäbe hat.
Doch hat sich das in ihrer inzwischen langen Kanzlerschaft erst ausgebildet. Heute sagt sie "Sie kennen mich!", aber das muss sie auch, denn ausbuchstabieren könnte sie ihr Programm nicht. Sie hat eine kleine Schar persönlicher Gefolgsleute an sich gebunden, aber eine eigene Basis in der Partei oder auch nur eine sichtbare Equipe hat sie nie ausgebildet, denn dafür reicht Persönlichkeit nicht aus. Kurz und gut, sie ist als Kanzlerin Parteivorsitzende geblieben, weil sie das in der CDU alle getan haben, um gegen die Bundestagsfraktion einen Knüppel in der Hand zu halten.
Doch scheint sie gar nicht bemerkt zu haben, dass sie die CDU von oben bis unten durch-schütteln muss, um sie auf Dauer als Kanzlerpartei zu etablieren - eben weil ihr das langfristige Programm so deutlich gar nicht ist; anders ist ihre fast kleinmütige Lammsgeduld mit Seehofer während der Flüchtlingskrise nicht zu verstehen. Sie hätte eine Mannschaft gebraucht, von der jeder - und am heutigen Datum sei es gesagt: jede - auf eigenen Füßen steht. Gestaltungs-drang könnte sie kaum daran gehindert haben, eine solche zusammenzuschweißen; kurzsich-tiger Machtwille schon.
Bei klarer Perspektive hätte sie bezeiten Norbert Röttgen zu ihrem Generalsekretär gemacht, aber den hat sie ja stattdessen rausgeschmissen. Man muss aber auch sagen: Was immer man über ihre sonstigen Personalentscheidungen unken mag - Röttgen hat ihr damals keine Wahl gelassen.
Was wiederum zeigt: Politik ist keine Personalangelegenheit, sondern ist ohne Programm auf die Dauer nicht möglich.
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