Mittwoch, 31. März 2021

Scylla oder Charybdis?

tagesspiegel

Von Söder weiß man, dass er sich wenden kann, wenns an der Zeit ist. Das sei das Risiko mit ihm, sagen Skeptiker.

Von Laschet weiß man, dass er sich nicht ändern wird. Das sei bei ihm kein Risiko, sondern graue Gewissheit, sagen seine Gegner.

Söders Handicap ist, dass man ihm nicht traut, Laschets Handicap ist, dass man ihm nichts zutraut, und für beide gilt: Landesfürst in der Provinz ist was anderes als Führer einer Welt-macht.

Das ist schon trübe genug. Man hätte meinen können: Ein CDU-Vorsitzender als Kanzler, das sind wir gewohnt, da riskiert man nicht viel. Ja eben, rufen Schlaumeier, das wird man aber müssen! Laschet im Kanzleramt und Söder in München als Nebenkanzler, das ist kein Risiko, das ist das programmierte Desaster auf Weltniveau.

Dagegen der CSU-Vorsitzende als Kanzler, der CDU-Vorsitzende Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen - die Verhältnisse stehen auf dem Kopf, der Schwanz wackelt mit dem Hund! Da wird über kurz oder lang kein Stein auf dem andern bleiben. Und zwar aus pro-grammatischen, wenn auch - oder gerade - zunächst nur aus arithmetischen Gründen. Koalie-ren könnte der eine wie der andere nur mit den Grünen, das sehen beide so. Wer gäbe da den Ton an? Laschet wird immer so dastehen, als könne er den Grünen nichts abschlagen, aber Söder hat das Zeug, an ihnen vorbeizupreschen und sie in Zugzwang zu bringen. 

Dann sieht es anders aus: Mangels ernstgemeintem Programm werden die Grünen ihm... nichts abschlagen können. Profilieren können sie sich, wenn man das so nennen will, immer nur durch divers-identische Symbolpolitik, und grade da brauchen sie ein Gegenüber, der ihnen das abschlagen kann und will - denn sonst wird das nichts mit der radikalen Mitte, der Vernunft und der Bewahrung des Rechtsstaats.

Das ist es, was mir heute dazu einfällt. Söder hat sich in den vergangenen Wochen als der treuere Merkelianer erwiesen, während Laschet sich, aber auch das wieder nur als Minister-präsident, "von der Ära Merkel verabschiedet". Das Problem, den eigenen Laden auf Vor-dermann zu bringen, haben sie beide. Dem Laschet - siehe oben - traut man's nicht zu. Dem Söder haben seine geschäftstüchtigen Maskenmänner gerade eine prächtige Vorlage geliefert, und mit Gauweiler muss er wohl auch nicht mehr rechnen, aber Laschet mit Merz - im eigenen Landesverband.

Wenn ich das alles nochmal durchgehe, wird mir ehrlich gesagt mulmig.


 

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