Wenn schon keiner mehr weiß, wozu sie gut sein mögen - in den Bundestag wollte die Piratenpartei doch. "Wenn wir eins können, dann Wahlkampf!" Das würden sie schon wuppen, meinte ihre neue Frontfrau auf ihrem letzten (?!) Parteitag.
Ein Parteitag nur für das politische Programm sollte es sein: Darum gab es im Vorfeld heftige Auseinandersetzun- gen, bei denen nebenher ihr personeller SuperGAU gleich miterledigt wurde. Und dann haben sie ihr Wunsch- listenprogramm für jedermann rasch durchgewunken und sich gleich wieder mit dem beschäftigt, was ihnen am nächsten liegt: mit sich selbst.
Schade ist es nicht um die Piratenpartei.
Schade ist es jedoch, jammerschade, um die einmalige historische Gelegenheit, die sie sehenden Auges verschludert haben. Das mit dem Abkommen von Jalta und der folgenden Aufteilung der Welt in zwei Blöcke entstandene Parteiensystem in Deutschland ist seit einem Vierteljahrhundert obsolet, jeder spürte es, aber woher sollte ein Neuanfang kommen? Ach, und da war er: Die vor unsern Augen sich vollziehende digitale Revolution wird die menschliche Zivilisation umkrempeln wie zuletzt die Neolithische Revolution mit ihrem Übergang zu Ackerbau und Sesshaftigkeit, und da war eine Partei, die eben dies zu ihrem Kernthema machen wollte!
Aber ach, wenn sie digitale Revolution sagten, meinten sie gerademal deren Benutzeroberfläche - das Internet. Das ist es, wo sie sich physisch wie mental vierundzwanzig Stunden am Tag aufhalten, und alles andere juckt sie nicht. Sondern kitzelt allenfalls ein bisschen, und wie um sich zu kratzen stellen sie, wenn es sich ergibt, tagespolitische Forderungen. Ja doch, bedingungsloses Grundeinkommen - "das wird man ja wohl noch sagen dürfen!" Oder Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Auch Knallkörper in Fußballstadien, und natürlich eine pragmatische Drogenpolitik; was eben so durchgewunken wird auf Parteitagen, die sich mit Statuten und Verfahrensfragen beschäftigen.
Dringend waren sie erwartet worden und wurden lebhaft begrüßt. Nichts stand ihnen im Weg außer ihnen selbst. Denkfaul sind sie und selbstgefällig, und während die Grünen bessere Mensch waren, weil sie Körner fraßen, Fahrrad fuhren und aus Naturwolle Pullover strickten, sind die Nerds die gesellschaftliche Avantgarde und Speerspitze des technischen Fortschritts, weil sie mit ihren Rechnern schlafen. Sie kennen kein Problem, das sich mit der richtigen Software nicht lösen ließe, und verschmähen jeden Gedanken, der länger ist als hundertvierzig Zeichen.
Unter sich wollten sie sein und so bleiben, wie sie sind.
Das wird ihnen nun keiner mehr streitig machen wollen, ich auch nicht.
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